Schlichtungsverfahren vor Klage

Der Gesetzgeber hat bereits mit Wirkung zum 01.04.2016 für die Bundesländer die Möglichkeit geschaffen, dass in bestimmten Arten von Streitigkeiten ein Schlichtungsverfahren Voraussetzung für die Klage ist. Dies gilt insbesondere bei Streitigkeiten über Ansprüche über Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind. Der Bundesgerichtshof musste über die Weiterleitung eines „Beste-Freundinnen-Chats“ entscheiden. Der Ehemann einer der Freundinnen leitete den Chatverlauf weiter. Die Klägerin begehrte eine Entschädigung in Höhe von € 3.200,00 für den Eingriff in ihre Intimsphäre. Die beiden ersten Instanzen hielten die Klage für unzulässig, da ein Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt wurde. Der Bundesgerichtshof lehnte das Erfordernis nach § 15a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EGZPO in diesem Falle ab, da hier eine Verletzung der Intimsphäre vorliegt. Die persönliche Ehre sei etwas anderes. Der Gesetzeswortlaut umfasse folglich nicht pauschal alle Ansprüche rund um die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, sondern nur die Verletzung der persönlichen Ehre. Die Parallelbetrachtung zum strafrechtlichen Sühneverfahren nach § 380 StPO ergeben zwar etwas anderes, dies sei jedoch nicht der Vorwurf der Klägerin gegen den Beklagten. Die erste Instanz, das AG Delbrück, musste nun nochmals erstinstanzlich entscheiden.

Für die Zwangsvollstreckung gelten neue Formulare

Pressemitteilung des BMJ vom 22.12.2022

Das Bundesministerium der Justiz führt neue Formulare für die Zwangsvollstreckung ein.

Es handelt sich dabei um Formulare
für den Vollstreckungsauftrag an Gerichtsvollzieher,
den Antrag für einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und
den Antrag für eine Durchsuchungsanordnung.

Das Bundesministerium der Justiz hat Layout, Inhalt, Struktur und Systematik der seit 2014 bzw. 2016 unveränderten Formulare umfassend überarbeitet. Die entsprechende Verordnung wurde gestern im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt heute in Kraft. Die neuen Formulare sind damit ab heute gültig.

Die Formulare werden auch als strukturierte Datensätze bereitgestellt, so dass vor allem professionelle Anwender diese Datensätze Gerichtsvollziehern und Vollstreckungsgerichten elektronisch übermitteln können. Das vereinfacht die Bearbeitung und reduziert Fehlerquellen. Die überarbeiteten Formulare sind zudem barrierefrei und nutzerfreundlicher. So ist es beispielsweise möglich, dass bestimmte Teile der neuen Formulare mehrfach benutzt oder weggelassen werden können. Die Formulare wurden außerdem inhaltlich aktualisiert. Seit der letzten Überarbeitung der Formulare sind mehrere Rechtsvorschriften geändert worden, auf die die Formulare Bezug nehmen. Darüber hinaus wurden Hinweise aus der Praxis aufgegriffen und bisherige Unzulänglichkeiten der Formulare beseitigt.

Die Nutzung der neuen Formulare ist grundsätzlich verbindlich. Auf Grundlage der geschaffenen Übergangsregelung dürfen daneben die alten Formulare noch bis einschließlich 30.11.2023 genutzt werden.

Neben den Formularen für die Zwangsvollstreckung wurde auch das Formular für den Antrag auf Zahlung einer Vergütung für die im Rahmen der Beratungshilfe tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte an die Anforderungen der Digitalisierung angepasst. Dieses neue Formular ist ab dem 1. März 2023 zu verwenden.

Darüber hinaus wurde die Fassungsangabe der Formulare zur Beantragung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und Restschuldbefreiungsverfahrens in der Verbraucherinsolvenzformularverordnung aktualisiert. Seit der letzten gesetzlichen Änderung der Formulare wurden in der Praxis bereits vielfach Formulare mit aktualisierter Fassungsangabe verwendet. Dies wird nun auch für die Verordnung selbst nachgeholt.

Das Bundesministerium der Justiz stellt die Formulare für die Zwangsvollstreckung als ausfüllbare PDF-Dokumente bereit, ebenso wie ergänzende Ausfüllhinweise. Die Dokumente finden Sie hier.

Bürokratieabbau: Nationaler Normenkontrollrat legt Jahresbericht 2022 vor

Pressemitteilung des BMJ

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat heute seinen Jahresbericht zum Bürokratieabbau und zur besseren Rechtsetzung sowie zur Digitalisierung der Verwaltung an den Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann übergeben.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Der Bericht des NKR ist ein wichtiges Signal: Wir brauchen eine Trendwende weg von Bürokratie und Belastung hin zu Freiheit und Entlastung. Bessere Rechtsetzung und der Abbau von Hürden sind in der Krise nicht weniger wichtig geworden. Ganz im Gegenteil: Gerade in Zeiten knapper Kassen müssen wir effizienter werden – und unnötige Belastungen von der Wirtschaft und den Bürgerinnen und Bürgern fernhalten. Der NKR zeigt in seinem Bericht auf, wie uns das noch besser gelingen kann. Diese Empfehlungen sind für uns sehr wertvoll.

Im kommenden Jahr wollen wir ein Bürokratieentlastungsgesetz vorlegen. In meinem Haus und innerhalb der Bundesregierung laufen dafür bereits die Vorbereitungen. Mit einer umfassenden Verbändeabfrage wollen wir hören, wo der Schuh besonders drückt und von den Praktikern wertvolle Hinweise erhalten. Ich bin mir sicher, dass der NKR auch hier ein wichtiger Begleiter und Impulsgeber ist.“ Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) zieht in seinem Jahresbericht Bilanz für den Zeitraum zwischen Juli 2021 und Juni 2022. Laut dem Bericht sind die Kosten für die Befolgung gesetzlicher Vorgaben (sog. Erfüllungsaufwand) im Berichtszeitraum deutlich um 6,7 Milliarden Euro auf insgesamt 17,4 Milliarden Euro gestiegen. Das unabhängige Beratungsgremium gibt zugleich einen Ausblick auf mögliche Entlastungen. So geht der Bericht davon aus, dass die Überprüfung der digitalen Anwendbarkeit von Gesetzen, der sogenannte Digitalcheck, ab Januar 2023 zukünftig zu einer Verringerung der Kosten und Belastungen führen könnte. Den Jahresbericht 2022 finden Sie hier.

Beschleunigung von Verwaltungsgerichtsverfahren im Infrastrukturbereich

Pressemitteilung des BMJ vom 30.11.2022

Die Bundesregierung hat heute den von dem Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich beschlossen.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Deutschland braucht mehr Tempo. Beim Ausbau erneuerbarer Energien, beim Ausbau der Netze, beim Ausbau der Verkehrswege. Die Beschleunigung von großen Infrastrukturprojekten ist eine wichtige Voraussetzung für die Modernisierung unser Landes, für künftiges Wachstum und Wohlstand. Wir wollen in allen Bereichen des Verfahrens schneller und dynamischer werden – bei den Verwaltungsgerichtsverfahren gehen wir nun einen wichtigen Schritt. Die Gerichtsverfahren zu großen Infrastrukturprojekten erhalten Vorrang und werden effizienter. Klar korrigierbare Mängel sollen Projekte nicht mehr aufhalten. Damit machen wir Deutschland fit für die Zukunft und setzen ein wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um.“ Der Gesetzentwurf ist eines von mehreren im Koalitionsvertrag vorgesehenen Vorhaben zur Planungsbeschleunigung von großen Infrastrukturvorhaben. Verwaltungsgerichtliche Verfahren können aufgrund ihrer Komplexität mitunter lange dauern. Deshalb soll die Verfahrensdauer für Vorhaben etwa über den Ausbau von Gas- und Stromleitungen, aber auch von Straßen-, Schienen- und Wasserwegen weiter reduziert werden. Verschiedene Maßnahmen sollen dies gewährleisten, darunter insbesondere ein „Vorrang- und Beschleunigungsgebot“ für entsprechende Prozesse, ein „früher erster Termin“ sowie Maßnahmen zur Bündelung des Verfahrensstoffs. Darüber hinaus soll durch Veränderungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sichergestellt werden, dass mit der Umsetzung wichtiger Bauprojekte schneller begonnen werden kann. Dabei bleibt der effektive Rechtsschutz weiterhin vollumfänglich gewährleistet. Die inhaltlichen Anforderungen an die Infrastrukturvorhaben werden durch den Entwurf nicht angetastet. So werden etwa Vorschriften des Arten- und Klimaschutzes, die bei solch großen Bauvorhaben stets zu beachten sind, nicht verändert. Der Gesetzesentwurf bezieht sich auf bedeutsame Infrastrukturvorhaben, die in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und in § 50 Absatz 1 Nummer 6 VwGO aufgeführt sind. Diese sind zum Beispiel: Anlagen für die Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern. Planfeststellungsvorhaben zu Hochspannungsleitungen und Anbindungsleitungen von LNG-Anlagen. Planfeststellungen zu Verkehrsflughäfen, öffentlichen Eisenbahnen, Bundesfern- und Landesstraßen, Bundeswasserstraßen usw.

Der Entwurf sieht insbesondere folgende neue Regelungen vor: Vorrang- und Beschleunigungsgebot: Dadurch kann etwa ein Verfahren über den Ausbau von Gasversorgungsleitungen gegenüber einem anderen Verfahren bei der Anberaumung eines Termins bevorzugt werden. Es ist zudem ein Erörterungstermin zwei Monate nach Eingang der Klageerwiderung vorgesehen („früher erster Termin“). Das Gericht soll in dem Termin auch den weiteren Ablauf des Verfahrens erörtern und auf eine gütliche Streitbeilegung hinwirken. Verschärfung der innerprozessualen Präklusion zur Straffung des Verfahrens: Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer gerichtlich gesetzten Frist vorgebracht werden, hat das Gericht unter Umständen zurückzuweisen.

Der einstweilige Rechtsschutz wird effizienter ausgestaltet: Mängel des angefochtenen Verwaltungsaktes, die offensichtlich sehr bald behoben sein werden, können bei der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz vom Gericht unter Umständen außer Acht gelassen werden. Die Gerichte sollen im Rahmen einer Vollzugsfolgenabwägung die Reversibilität von Maßnahmen berücksichtigen. Dabei haben sie die Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen besonders zu berücksichtigen, wenn ein Bundesgesetz feststellt, dass diese im überragenden öffentlichen Interesse liegen (etwa bei Vorhaben für die sichere Gasversorgung wie stationär schwimmende Anlagen zur Einfuhr verflüssigten Erdgases).

Zudem enthält der Entwurf weitere Änderungen des Prozessrechts, mit denen verwaltungsgerichtliche Verfahren beschleunigt werden sollen: Für Angelegenheiten des Planungsrechts sollen Planungsspruchkörper eingerichtet werden. Zudem sollen Richterinnen und Richter, die Planungsspruchkörpern zugewiesen werden, über Kenntnisse des Planungsrechts verfügen. Es wird eine neue erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit beim Bundesverwaltungsgericht für Streitigkeiten geschaffen, die Vorhaben zur Errichtung und Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff betreffen. Der Entwurf wurde heute vom Kabinett beschlossen und wird nun zeitnah an den Deutschen Bundestag übermittelt.

Den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich finden Sie hier.

DigitalService des Bundes startet – Projekte für die Justiz Digitale Rechtsantragstelle und zivilgerichtliche Online-Verfahren werden entwickelt

Pressemitteilung des BMJ vom 26.10.2022


Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
Wir wollen die Chancen der Digitalisierung konsequent nutzen – gerade auch für die Justiz. Mit zwei Vorhaben, die wir nun mit dem Vertragsabschluss mit dem DigitalService des Bundes auf den Weg bringen, gehen wir die nächsten Schritte. Mit zivilgerichtlichen Onlineverfahren und den digitalen Rechtsantragstellen werden Instrumente geschaffen, die einen zeitgemäßen Zugang zur Justiz ermöglichen. Der heutige Gerichtsalltag ist noch immer von einer Vielzahl zeit- und ressourcenintensiver analoger Prozesse geprägt. Die Interaktion und Kommunikation zwischen Gerichten und den Verfahrensbeteiligten wird künftig durch digitale Möglichkeiten auf ein neues Level gehoben. Das macht die Justiz nicht nur besser erreichbar, sondern stärkt zugleich das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat.“

Staatssekretärin Dr. Angelika Schlunck sagt dazu:
„Die Digitalisierung der Justiz im föderalen Deutschland ist eine Aufgabe, die von den Ländern mit Unterstützung vom Bund angegangen werden muss. Wir wollen mit den nun gestarteten Projekten „zivilgerichtliches Online-Verfahren“ und „digitale Rechtsantragstelle“ Projektpartnerschaften mit interessierten Ländern und Gerichten eingehen. Denn beide Vorhaben sollen unter enger Beteiligung der gerichtlichen Praxis im Rahmen von Pilotprojekten verwirklicht und getestet werden.“

Ziel der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium der Justiz und dem DigitalService des Bundes als zentraler Digitalisierungseinheit der Bundesverwaltung ist die Entwicklung digitaler Zugänge zu den Gerichten und die weitere Digitalisierung der Justiz.0 Entsprechend ist dieser nun mit der Umsetzung der jeweils ersten Projektphase zur Entwicklung und Erprobung einer digitalen Rechtsantragstelle und eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens beauftragt worden. Beide Projekte setzen die Vereinbarung zur Digitalisierung aus dem Koalitionsvertrag um.
Das Bundesministerium der Justiz übernimmt damit zusätzlich Verantwortung für die föderale Justizdigitalisierung. Die Einrichtung einer digitalen Rechtsantragstelle soll dabei einen unkomplizierten Zugang für Bürgerinnen und Bürger zu einfach verständlichen Rechtsinformationen ermöglichen. Zudem soll die Erfassung der Anliegen und Anträge digital unterstützt werden. Gemeinsam mit der Entwicklung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens sollen digitale Anwendungen für die Justiz geschaffen werden, die die Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürgern sowie der in der Justiz tätigen Menschen in den Mittelpunkt stellen. Zugleich wird dadurch der Zugang zum Recht und zur Justiz vereinfacht. Mit der Entwicklung eines umfassenden Angebots zeitgemäßer Lösungen und der Modernisierung der Arbeitsprozesse in der Justiz wird diese zudem entlastet. Erprobungsklausel soll den Test in der Praxis ermöglichen Die Gestaltung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens soll Bürgerinnen und Bürgern im Bereich niedriger Streitwerte eine niedrigschwellige Geltendmachung ihrer Ansprüche in einem durchgehend digitalen gerichtlichen Verfahren ermöglichen. Für die angestrebte Erprobung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens bedarf es neben der Schaffung der technisch-organisatorischen Voraussetzungen auch eines gesetzlichen Rahmens, der die Erprobung in der Praxis ermöglicht. Die notwendige gesetzliche Erprobungsklausel soll diesen praktischen Bedarf erfüllen.

Rechtzeitiger und vollständiger Antrag für Prozesskostenhilfe nötig

Grundsätzlich kann einer hilfebedürftigen Partei bei einer Klage mit Erfolgsaussicht Prozesskostenhilfe gewährt werden. Dies ist auch rückwirkend möglich. Dies geht aber nur dann, wenn die bedürftige Partei die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse rechtzeitig abgesendet hat und auch für den Zugang gesorgt hat. Der Antrag muss zudem auch vollständig sein. Der Bundesgerichtshof hat deshalb mit Beschluss vom 12.09.2022 den Antrag des Hilfesuchenden meines Erachtens zu Recht abgelehnt. Es ist nicht ausreichend, irgendwann einmal die Unterlagen zu senden, sondern rechtzeitig, damit das Gericht im Zusammenhang mit der Klage prüfen kann, ob die Voraussetzungen vorliegen und somit staatliche Leistungen gewährt werden können.

Pfändbarkeit der Energiepreispauschale

Das AG Norderstedt, Aktenzeichen 66 IN 90/19,  hat mich mit Beschluss vom 15.09.2022, entschieden, dass die Energiepreispauschale (§§ 112 ff EStG) pfändbar sind. Einen Anspruch auf Freigabe nach § 764 ZPO hat das Gericht abgelehnt. Das Amtsgericht Norderstedt verweist darauf, dass Regeln zur Pfändbarkeit der Energiepreispauschale vom Gesetzgeber nicht vorgenommen wurden. Zwar ordnet das Gericht im Sinne der Mitteilungen des Bundesfinanzministeriums im FAQ-Bereich zur Energiepreispauschale zum Stand 31.08.2022 die Energiepreispauschale nicht dem Lohnbereich zu, da sie steuerrechtlich der einzubehaltenden Lohnsteuer gem. § 117 Abs. 2 Satz 2 EStG zu entnehmen ist. Dennoch ist eine Pfändbarkeit anzunehmen. Folgerichtig geht das Gericht davon aus, dass die §§ 850 ff ZPO keine Anwendung finden dürften, da es sich gerade nicht um Arbeitseinkommen handelt. Auch § 850 i ZPO findet keine Anwendung. Jedoch geht es bei dieser Vorschrift um eigenständige Einnahmen des Schuldners, die durch handeln des Schuldners erwirtschaftet werden. Nach Auffassung des Gerichts liegt bei der Energiepreispauschale eher eine vorzeitige Steuererstattung vor, die nach § 46 Abs. 1 AO grundsätzlich pfändbar wäre.

Eine Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO liegt ebenfalls nicht vor, da hier eine Abtretbarkeit vorliegt. Im Gegensatz zur Coronahilfe hat der Gesetzgeber nur angegeben, dass diese als Ausgleich für kurzfristige und drastisch gestiegene erwerbsbedingten Wegeaufwendungen vom Arbeitnehmers dient (Bundestagsdrucksache 20/1765, Seite 23). Im Gegensatz zur Coronahilfe sei auch gesetzlich kein Abtretungs- oder Pfändungsverbot festgesetzt worden. Damit scheidet auch eine Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO aus.

Auch eine Sozialleistung im Sinne von § 54 SGB I liegt nicht vor. Es handle sich jedoch nicht um eine Sozialleistung sondern um einen Steuerverzicht. Zudem sind Sozialleistungen nur in § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB I geregelt.

Über dies ist keine Rückzahlungsverpflichtung oder Bedürftigkeitsprüfung anzunehmen, was allein schon gegen eine Sozialleistung spricht. Dies ergibt sich auch im Umkehrschluss aus § 122 EStG, wonach diejenigen, die mehr an Energiepreispauschale erhalten, gerade nicht zu den Sozialleistungsempfängern gehören.

Auch ein Vergleich zum nicht pfändbaren Kindergeld nach §§ 62 f EStG führt nicht zu einer Unpfändbarkeit der Leistung. Beim Kindergeld gibt es jedoch eine gesonderte Regelung über die Pfändbarkeit. Diese findet sich im § 67 EStG. Eine entsprechende Regelung für das Recht der Energiepreispauschale nicht.

Daher ist die Energiepreispauschale pfändbar.

Klageerhebung online – BMJ gibt Prototyp in Arbeit

Endlich ist es soweit! Das mögen einige endlich sagen. Die Gerichte waren eher als verstaubt und langsam bekannt. Das soll sich jetzt ändern. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat ein Projekt „Digitale Klagewege“ gestartet. Es soll ein Onlineportal aufgestellt werden, welches Bürgerinnen und Bürgern eine einfachere Möglichkeit des Zugangs zu Gerichten verschafft. Das BMJ hat festgestellt, dass Bürger häufig erst bei Forderungen ab € 2.000,00 vor Gericht ziehen, da bei geringeren Beträgen das Kostenrisiko ihnen zu hoch erscheint in Verbindung mit dem damit verbundenen Aufwand.

Mit diesem Portal will das BMJ einen einfacheren Zugang zu den Gerichten schaffen und damit auch ein ressourcenschonendes Arbeiten ermöglichen. Gerichte sollen dabei auch in die Lage versetzt werden, gleichgelagerte Verfahren, die in großer Zahl vorkommen, einfacher, schneller und ressourcenschonender zu bearbeiten und fertigstellen zu können.

Der erste Schritt soll lediglich mietrechtliche Ansprüche erfassen. Es bleibt abzuwarten, wie gut dies in die Tat umgesetzt wird. Das Projekt soll innerhalb von zwölf Wochen abgeschlossen sein. Dies ist meistens eine Schätzung, deren Realisierung bei Planungen von Ministerien nie erreicht wird. Es bleibt abzuwarten, ob dies spätestens Anfang nächsten Jahres in die Tat umgesetzt wird. Den Bürgern wäre es zu wünschen.

FDP will virtuelle Gerichtsverhandlungen

die FDP-Fraktion des Bundestages hat beantragt der Bundesregierung aufzugeben, Gesetzesentwurf zur Reform des Zivilprozessrechts vorzulegen. Darin sollen verschiedene Regelungen aufgenommen werden, insbesondere die Änderung des § 128a ZPO dahingehend, dass die Videokonferenz auf Antrag einer Partei verpflichtend anzuordnen ist. Auch die Güteverhandlungen nach § 278 Abs. 2 ZPO und der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunftnach § 802f ZPO sollen somöglich sein. Auch die Allgemeinheit soll die Möglichkeit haben, die Verhandlung in einem Lifestram zu verfolgen.

Dies steht auf der Tagesordnung vom 14. Mai 2020.

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