Familienrecht – Elterliche Sorge

Familiengerichtlicher Streit über die Einschulung eines Kindes

 

Ein häufiges Problem ist die Frage, wer bestimmt, wer über die Einschulung bestimmen darf. Dies muss regelmäßig im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem örtlich zuständigen Familiengericht erfolgen. Eine ziemlich aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Frankenthal vom 25.06.2020, 71 F 79/20, zeigt hier die wesentlichen Punkte auf:

 

Der Vater begehrt die Einschulung des Kindes auf eine normale Grundschulde. Die Mutter, bei der das Kind lebt, möchte das Kind auf eine Waldorfschule schicken. Das Gericht weist zutreffend darauf hin, dass es nicht über die Schule konkret entscheiden darf, da es sich um einen unzulässigen Eingriff des Gerichts in Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG handeln würde. Es muss aber die Entscheidung treffen, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Einfach gesetzlich ergibt sich dies aus § 1628 BGB. Zu berücksichtigen und zu prüfen sind, welcher Elternteil am ehesten geeignet ist, eine am Kindeswohl ausgerichtete Entscheidung zu treffen und dabei zu berücksichtigen, welche Auswirkung die jeweilige Schulwahl auch auf das soziale Umfeld des Kindes haben könnte. Zu berücksichtigen sind auch die tatsächlichen Betreuungsmöglichkeiten.

 

Das Gericht gab an, insbesondere berücksichtigt zu haben, wer die Hauptbezugsperson des Kindes sei und die Umsetzung überwiegen organisieren müsse. Das soziale Umfeld und der Schulweg seien zu berücksichtigen. Der Wille des 6-jährigen Kindes sei zwar zu berücksichtigen, wenn gleich diesem in aller Regel altersbedingt keine entscheidende Bedeutung zukommt. Kindern in diesem Alter können die Unterschiede kaum fassen. Es wurde auch berücksichtigt, dass die Waldorfschule eine staatlich anerkannte Ersatzschule sei, deren besondere Schulorganisation zwar diskutabel sei, aber keine Gefahr für das Wohl des Kindes darstelle.

 

Das Gericht hat insofern der Mutter die Entscheidungsbefugnis übertragen, vornehmlich auf der Basis, dass durch die Bezugsperson, der Schulweg und alles, was unmittelbar mit der Schulbetreuung zusammenhängt, zu tun hat.

Ablehnung eines Sachverständigen im familienrechtlichen Verfahren

 

Der Entscheidung des Oberlandesgericht Celle vom 28.01.2020, 10 WF 186/19, lag ein Fall zugrunde, indem sich ein Sachverständiger in einem familienrechtlichen Verfahren über die elterliche Sorge nach dem Scheitern der Elterngespräche dort nach dem Grund des Scheitern erkundigt hat. Ein Beteiligter sah dies als Besorgnis der Befangenheit an und lehnte den Sachverständigen ab. Das Oberlandesgericht Celle verwies darauf, dass dies kein Grund für die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit darstelle, wenn die Kindeseltern im Rahmen einer zwischen ihnen getroffenen wechselseitigen Vereinbarung die Beratungsstelle wechselseitig von der Schweigepflicht entbunden haben. Die Auskunft an den Sachverständigen war daher nicht rechtswidrig, auch nicht dessen Nachfrage.

Absehen von der Anhörung eines vierjährigen Kindes in Familienverfahren

Die Anhörung von Kindern in Familienverfahren ist auch bei Umgangssachen gesetzlich vorgeschrieben. Der Bundesgerichtshof hatte sich mit einem Ausnahmefall zu beschäftigen und entschied mit Beschluss vom 31.10.2018, XII ZB 411/18, dass das Gericht von der Anhörung eines Kindes aus schwerwiegenden Gründen absehen darf. Dies sei regelmäßig der Fall, wenn die Anhörung des Kindes zu einer erheblichen Beeinträchtigung seiner körperlichen oder seelischen Gesundheit führen würde. Das Gericht muss dabei eine Interessenabwägung vornehmen. Dabei sind insbesondere Verfahrensbeteiligte zu befragen, wie Verfahrensbeistand, Umgangspfleger, Ergänzungspfleger oder das Jugendamt. Das Gericht muss sich hieraus ein Bild schaffen inwieweit der im Streit stehende Umgang dem Kindeswohl entspricht.

 

Anforderung an eine Kindeswohlgefährdung durch den BGH

Der BGH hat mit Beschluss vom 06.02.2019, XII ZB 408/18, zur Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB Stellung genommen. Dieser legt vor, wenn eine gegenwärtig, in einem solchen Maß, vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist daher geringe zu gewichten, je schwerer der drohende Schaden wiegt. Erforderlich ist die Annahme konkreter Verdachtsmomente. Abstrakte Gefährdungspositionen sind nicht ausreichend. Dies ist der Maßstab für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer gerichtlichen Maßnahme. Die Differenzierung der Wahrscheinlichkeitsgrade ist erforderlich, um dem Staat einerseits ein Eingreifen zu ermöglichen, dass ggf. nur niederschwellig ist, und um andererseits im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eine Korrekturmöglichkeit zur Verhinderung übermäßiger Eingriffe zur Verfügung zu stellen.

Entscheidungen über Impfungen der Kinder

Das Amtsgericht Darmstadt, Entscheidung vom 11.06.2015, 50 F 39/15 SO, hat entschieden, dass die Entscheidung über Impfungen von Kindern demjenigen Elternteil zuzusprechen ist, der die Kinder überwiegend betreut. Es handelte sich um Entscheidungen in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens, auch als Alttagssorge bezeichnet. Es hat dann derjenige Elternteil zu entscheiden, bei dem sich die Kinder gewöhnlich aufhalten. Die Impfungen gehören dabei zur unmittelbaren Gesundheitssorge. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Elternteil, bei dem sich die Kinder gewöhnlich aufhielten, in der Regel auch derjenige ist, der über den Gesundheitszustand der Kinder am besten Bescheid weiß.

Entziehung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe

Das
OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2015, 4 WF 45/15,
hat entschieden, dass eine für das Verfahren über elterliche Sorge bewilligte Verfahrenskostenhilfe entzogen werden kann, wenn der Antragsteller die für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.

Entziehung der gemeinsamen elterlichen Sorge

Das
OLG Celle, Beschluss vom 19.05.2014, 10 UF 91/14,
hat entschieden, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Elternteil wegen schwere Straftaten zum Nachteil des anderen begehrt.
Sorgerechtsentzug bei Überforderung

Das
OLG Hamm, Beschluss vom 25.11.2013, 8 UF 114/12,
hat entschieden, dass die bloße Befürchtung, dass ein Elternteil mit der Betreuung überfordert sei, keinen Entzug der elterlichen Sorge und Übertragung der alleinigen Sorge auf den anderen Elternteil rechtfertigt.