Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts

BMJ Preseveröffentlichung vom 18.04.2023

Bundesjustizminister legt Vorschläge vor

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat heute ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts vorgelegt. Die Vorschläge zielen darauf, die Attraktivität Deutschlands als Schiedsstandort im internationalen Wettbewerb weiter zu stärken und das Schiedsverfahrensrecht an die Bedürfnisse der heutigen Zeit anzupassen.

Hierzu erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann:
Deutschland verfügt über eine hochentwickelte Rechtsordnung und ist Heimat exzellenter Juristinnen und Juristen. Der Streitbeilegungsstandort Deutschland hat deshalb großes Potential. Unser Ziel ist es, ihn zu stärken. Dazu wollen wir sowohl die staatliche Gerichtsbarkeit als auch die Schiedsgerichtsbarkeit noch leistungsfähiger machen. Das Eckpunktepapier zu den Commercial Courts war ein erster wichtiger Schritt. Mit der Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts gehen wir das nächste Vorhaben an.

Das deutsche Recht ist bereits heute schiedsfreundlich, aber Gutes kann immer noch besser werden. Mit unserer Reform werden wir der Digitalisierung Rechnung tragen – sowie den Bedürfnissen nach mehr Transparenz und weniger Formalismus. Das deutsche Schiedsverfahrensrecht ist im 10. Buch der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es wurde zuletzt vor 25 Jahren umfassend reformiert und ist bereits heute schiedsfreundlich. Mit seiner Fortentwicklung soll das Recht an die voranschreitende Digitalisierung des Verfahrensrechts angepasst werden – sowie an verschiedene Entwicklungen in der internationalen und nationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit.

Die schiedsrechtlichen Reformbestrebungen ergänzen das parallele Rechtsetzungsvorhaben des Bundesministeriums der Justiz zu den Commercial Courts. Durch beide Vorhaben soll der Streitbeilegungsstandort Deutschland insgesamt gestärkt werden: Er soll noch attraktiver werden für die Austragung von Handelsstreitigkeiten – gleichviel ob vor staatlichen Zivilgerichten oder vor nichtstaatlichen Schiedsgerichten.

Folgende maßgebliche Änderungen sind im deutschen Schiedsverfahrensrecht geplant:

I. Formfreiheit für Schiedsvereinbarungen im Wirtschaftsverkehr

Momentan müssen Schiedsvereinbarungen bestimmten Formanforderungen genügen (§ 1031 ZPO). Im Wirtschaftsverkehr soll nun der Abschluss von formfreien Schiedsvereinbarungen ermöglicht werden. Zukünftig werden Schiedsvereinbarungen daher auf jedem denkbaren Weg geschlossen werden können.

II. Stärkung der Transparenz und Förderung der Rechtsfortbildung

In der Handelsschiedsgerichtsbarkeit wird oft um hohe Streitwerte gestritten und um bedeutsame Rechtsfragen gerungen. Vor diesem Hintergrund soll die Entscheidungstransparenz in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit gestärkt und die richterliche Fortentwicklung des Rechts gefördert werden. Hierzu soll die Veröffentlichung von Schiedssprüchen durch das Schiedsgericht gesetzlich gestattet werden, wenn die Parteien mit der Veröffentlichung einverstanden sind.

III. Stärkung der Digitalisierung des Verfahrensrechts

Mit Blick auf die guten praktischen Erfahrungen in den letzten Jahren soll gesetzlich abgesichert werden, dass mündliche Verhandlungen vor Schiedsgerichten ganz oder teilweise im Wege einer zeitgleichen Bild- und Tonübertragung („Videokonferenz“) durchgeführt werden können. So wird die Digitalisierung des Verfahrensrechts weiter gestärkt.

IV. Förderung der englischen Sprache in Verfahren vor staatlichen Gerichten

An ein Schiedsverfahren kann sich ein Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren anschließen, mit dem der Schiedsspruch durch staatliche Gerichte aufgehoben oder für vollstreckbar erklärt wird. Da die englische Sprache in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit von überragender Bedeutung ist, sollen für diese Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren Erleichterungen im Hinblick auf die englische Sprache geschaffen werden: Sowohl der Schiedsspruch als auch andere Schriftstücke aus dem Schiedsverfahren sollen in diesen Verfahrensarten bei Gericht in englischer Sprache vorgelegt werden können. Darüber hinaus sollen in Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren die Commercial Courts in denjenigen Ländern zuständig sein, die diese besonderen Spruchkörper bei den Oberlandesgerichten einführen und diese Verfahren den Commercial Courts zuweisen. Mit dem Einverständnis der Parteien sollen die Verfahren vor den Commercial Courts auch vollständig in englischer Sprache geführt werden können. Staatliche Gerichtsverfahren, die im Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren stehen, können auf diese Weise effizienter geführt werden und den Parteien entstehen keine Kosten für umfangreiche Übersetzungen.

Das Eckpunktepapier ist hier abrufbar.

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