Standardisierte Geschwindigkeitsmessung ohne Rohdatenspeicherung

Entgegen der neuen Strömung, nach der ein Verstoß gegen den Grundsatz des Fernverfahrens anzunehmen ist, wenn keine Rohdaten vorhanden sind, kam das OLG zu dem Ergebnis, dass die Messung mit dem Trafistar S330 gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und des Fernverfahrens nicht vorliegt. Anträge auf Überlassung von digitalen Messdaten seien insofern nur Beweisermittlungsanträge, deren Ablehnung unter Aufklärungsgesichtspunkten gerügt werden könne (wie auch OLG Bamberg NZV 2018, 425; OLG Oldenburg ZfS 2017, 469; OLG Hamm VRR 8/2017, 18; OLG Zweibrücken NStZ-RR 2018, 156; OLG Koblenz, Beschluss vom 17.07.2018, 1 OWi 6 SsBs 19/18; entgegen VerfGH Saarland NZV 2018, 275).
Das Bayerische Oberste Landesgericht (Beschluss vom 09.12.2019, 202 ObOWi 1955/19) nimmt kein Verwertungsverbot allein deshalb an, weil durch die Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit durch ein Messgerät, welches alle Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens erfüllt und keine Rohmessdaten aufzeichnet, abspeichert, vorhält oder sonst zugänglich macht. Auch würden Daten nicht unterdrückt. Das bayerische OLG verweist auf OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.09.2019, 2 Ss (OWi)233/19; OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2019, 1 RBs 309/19; KG, Beschluss vom 02.10.2019, 162 SS 122/19; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.09.2019, 1 Rb 28 Ss 300/19; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.11.2019, 2 Rb 35 Ss 808/19; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.11.2019, 1 Ss OWi 81/19; entgegen VerfGH Saarland NJW 2019, 2456.
Zu kritisieren ist daran, dass es unverständlich sei, warum das Gericht meint, es bestünde kein Anspruch darauf, dass belastende Beweise jederzeit und vollständig rekonstruierbar sein müssen. Weiter sei es unverständlich, dass das Gericht es im Rahmen der Herausgabe von Messdaten über unerheblich hält, dass der Betroffene hier über den Antrag nach § 62 OWiG eine Herausgabe der Messdaten versucht hat (so Deutscher, STRR 05/2020, Seite 30).