Stärkung der Rolle der Gerichtsvollzieher in der Zwangsvollstreckung

Pressemitteilung vom 1.10.2024

Gerichtsvollzieher sollen künftig nicht nur körperliche Sachen pfänden können sondern auch Geldforderungen. Bislang ist die Vollstreckung in Geldforderungen den Vollstreckungsgerichten vorbehalten. Sie macht mittlerweile einen Großteil der Vollstreckungsverfahren aus. Die Pfändung von körperlichen Sachen hat hingegen an Bedeutung verloren. Durch die Übertragung der Zuständigkeit werden bei den Vollstreckungsgerichten, konkret bei den Rechtspflegern am Amtsgericht, Kapazitäten frei. Deshalbsollen ihnen fortan bundesweit Geschäfte in Nachlass- und Teilungssachenübertragen werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesministerium der Justiz heute veröffentlicht hat.


Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt aus diesem Anlass:
„Wer an den Gerichtsvollzieher denkt, denkt auch heute noch oft an das Anbringen des berüchtigten Pfandsiegels. Dieses Bild hat heutzutage weitgehend ausgedient. Die Pfändung von physischen Gegenständen ist zur Seltenheit geworden. Die
Vollstreckung in Geldforderungen dominiert mittlerweile. Für diese ist der Gerichtsvollzieher aber nicht zuständig, sondern das Vollstreckungsgericht. Wir wollen daher die Rolle der Gerichtsvollzieher als zentrales Vollstreckungsorgan stärken, indem wir ihnen diese Zuständigkeit übertragen. Wir modernisieren damit das Vollstreckungsrecht, indem wir Ressourcen besser einsetzen. So entlasten wir die Gerichte und steigern die Effizienz der Justiz.“
Der Entwurf für ein Gesetz zur Zuständigkeitskonzentration der zivilrechtlichen Mobiliarvollstreckung bei den Gerichtsvollziehern und zu Zuständigkeitserweiterungen für die Rechtspfleger in Nachlass- und Teilungssachen sieht im Einzelnen folgende Inhalte vor:

1.) Stärkung der Rolle der Gerichtsvollzieher als zentrales Vollstreckungsorgan

  • Zukünftig sollen die Gerichtsvollzieher neben der Vollstreckung in körperliche Sachen auch die Vollstreckung in Geldforderungen übernehmen. Diese machen heute den weitaus größten Teil der Vollstreckungsverfahren vor den
    Vollstreckungsgerichten aus. Die Gerichtsvollzieher erhalten mit diesem Schritt die von der Zivilprozessordnung (ZPO) zugedachte zentrale Rolle in der Mobiliarzwangsvollstreckung zurück. Das Verfahren wird in der Hand der
    Gerichtsvollzieher als zentrales Vollstreckungsorgan gebündelt.
  • Das bisherige Springen zwischen den Zuständigkeiten des Vollstreckungsgerichts, welches für den Erlass der Vollstreckungsmaßnahmen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und der Gerichtsvollzieher, die für eine eventuelle Vorpfändung gem. § 845 ZPO und für die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zuständig sind, wird aufgelöst.
    Die Gerichtsvollzieher sollen für die Pfändung von Geldforderungen die Zuständigkeit und Kompetenz erhalten, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zu erlassen. Dies gilt insbesondere auch für Pfändungen wegen
    Unterhaltsforderungen und wegen Forderungen aus unerlaubten Handlungen.
  • Aufgrund der Übertragung der Zuständigkeiten des Vollstreckungsgerichts für das Verfahren der Vollstreckung in Geldforderungen auf den Gerichtsvollzieher sind die diesbezüglichen Gebührenvorschriften des Gerichtskostengesetzes in das Gerichtsvollzieherkostengesetz zu übertragen.

2.) Neuausrichtung der Zuständigkeiten der Rechtspfleger

  • Durch die Übertragung der Zuständigkeit für die Mobiliarvollstreckung in Geldforderungen werden auf Seiten der Vollstreckungsgerichte Kapazitäten frei. Konkret betrifft das die Rechtspfleger am Amtsgericht als Vollstreckungsgericht. Diese Kapazitäten sollen dazu genutzt werden, um die Richter zu entlasten.
  • Daher sollen die bestehenden Öffnungsklauseln in Nachlass- und Teilungssachen, mit denen bestimmte Geschäfte bereits jetzt durch Rechtsverordnungen der Länderauf den Rechtspfleger übertragen werden können, aufgehoben werden. Diese
  • Geschäfte in Nachlass- und Teilungssachen sollen bundesweit mit wenigen Ausnahmen auf die Rechtspfleger übertragen werden.

Das Gesetz soll in fünf Jahren nach Verkündung in Kraft treten. Für eine Übergangszeit von weiteren fünf Jahren sollen die Länder zusätzlich die Möglichkeit haben, die bisherigen Regelungen anzuwenden, also die bisherigen Zuständigkeiten beizubehalten. Hiermit soll den unterschiedlich ausgestalteten Anpassungs- und Schulungsbedarfen der Länder Rechnung getragen werden.

Der Referentenentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 15. November 2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden ebenfalls auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.

Den Referentenentwurf finden Sie hier.

Inflationsausgleich für rechtliche Betreuerinnen und Betreuer  

Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf

Pressemitteilung
04. Oktober 2023



Rechtliche Betreuerinnen und Betreuer sollen eine Sonderzahlung erhalten, um die finanzielle Mehrbelastung abzufedern, die ihnen infolge der Inflation entstanden ist. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die Bundesregierung heute auf Vorschlag des Bundesministers der Justiz beschlossen hat. Von der Sonderzahlung sollen Betreuungsvereine, selbständige berufliche Betreuerinnen und Betreuer und auch ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer profitieren. Der Gesetzentwurf sieht daneben eine Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes vor, um ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer bei der Prüfung ihrer persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit zu entlasten.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt hierzu:
„Betreuerinnen und Betreuer sowie Betreuungsvereine leisten jeden Tag wichtige Arbeit. Sie unterstützen Menschen, die aufgrund einer Beeinträchtigung ihre Angelegenheiten nicht oder nur begrenzt selbst regeln können. Für diesen Einsatz müssen berufliche Betreuerinnen und Betreuer angemessen vergütet werden; ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer müssen eine angemessene Kompensation erhalten. Hier zwingt uns die Inflation zum Handeln. Denn insbesondere die Betreuungsvereine, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach TVÖD bezahlen, stellen die gestiegenen Kosten vor Probleme. Ein zügiger Inflationsausgleich für Betreuerinnen und Betreuer sowie Betreuungsvereine ist notwendig. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir bestehende Notlagen abfedern. Das liegt im Interesse von uns allen: Denn jede und jeder kann auf Betreuung angewiesen sein.“
Der Entwurf für ein Gesetz zur Regelung einer Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für berufliche Betreuerinnen und Betreuer, Betreuungsvereine und ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer und zur Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes sieht im Einzelnen folgende Inhalte vor.

Inflationsausgleich für berufliche Betreuerinnen und Betreuer
Die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für berufliche Betreuerinnen und Betreuer soll monatsweise und pro geführte Betreuung ausgezahlt werden und auf den Zeitraum Anfang 2024 bis Ende 2025 begrenzt sein. Um keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand entstehen zu lassen, soll sie zusammen mit der quartalsweisen Vergütungsfestsetzung beim zuständigen Betreuungsgericht geltend gemacht werden. Die vorgesehene Zahlungshöhe von 7,50 Euro pro Monat und pro geführter Betreuung orientiert sich am Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen vom 22. April 2023 entsprechend der im Vergütungsgesetz 2019 herangezogenen Bemessungsgrundlage TVöD SuE. Durch die Ausgestaltung als monatsweise Zahlung pro geführte Betreuung soll eine gerechte Mittelverteilung erreicht werden.
Durch die Schaffung der Inflationsausgleichs-Sonderzahlung wird die Notwendigkeit, das Vergütungssystem entsprechend der gesetzlichen Vorgabe insgesamt zu evaluieren, nicht aufgehoben. Das Bundesministerium der Justiz wird die Ergebnisse der Evaluierung, wie im Gesetz vorgesehen, bis Ende 2024 veröffentlichen.

Inflationsausgleich für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer
Ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer sollen ebenfalls eine Inflationsausgleichs-Sonderzahlung erhalten – und zwar in Höhe von 24 Euro pro Jahr und pro geführter Betreuung.

Weniger Bürokratie für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer
Mit einer Änderung des § 21 des Betreuungsorganisationsgesetzes (BtOG) kann die zuständige Behörde die Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis nun ausdrücklich auch selbst einholen. Potentielle ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer werden so in Vorbereitung ihres ehrenamtlichen Engagements von bürokratischen Hürden entlastet.
Der Gesetzentwurf wird als Formulierungshilfe der Bundesregierung in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden.


Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts

BMJ Preseveröffentlichung vom 18.04.2023

Bundesjustizminister legt Vorschläge vor

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat heute ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts vorgelegt. Die Vorschläge zielen darauf, die Attraktivität Deutschlands als Schiedsstandort im internationalen Wettbewerb weiter zu stärken und das Schiedsverfahrensrecht an die Bedürfnisse der heutigen Zeit anzupassen.

Hierzu erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann:
Deutschland verfügt über eine hochentwickelte Rechtsordnung und ist Heimat exzellenter Juristinnen und Juristen. Der Streitbeilegungsstandort Deutschland hat deshalb großes Potential. Unser Ziel ist es, ihn zu stärken. Dazu wollen wir sowohl die staatliche Gerichtsbarkeit als auch die Schiedsgerichtsbarkeit noch leistungsfähiger machen. Das Eckpunktepapier zu den Commercial Courts war ein erster wichtiger Schritt. Mit der Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts gehen wir das nächste Vorhaben an.

Das deutsche Recht ist bereits heute schiedsfreundlich, aber Gutes kann immer noch besser werden. Mit unserer Reform werden wir der Digitalisierung Rechnung tragen – sowie den Bedürfnissen nach mehr Transparenz und weniger Formalismus. Das deutsche Schiedsverfahrensrecht ist im 10. Buch der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es wurde zuletzt vor 25 Jahren umfassend reformiert und ist bereits heute schiedsfreundlich. Mit seiner Fortentwicklung soll das Recht an die voranschreitende Digitalisierung des Verfahrensrechts angepasst werden – sowie an verschiedene Entwicklungen in der internationalen und nationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit.

Die schiedsrechtlichen Reformbestrebungen ergänzen das parallele Rechtsetzungsvorhaben des Bundesministeriums der Justiz zu den Commercial Courts. Durch beide Vorhaben soll der Streitbeilegungsstandort Deutschland insgesamt gestärkt werden: Er soll noch attraktiver werden für die Austragung von Handelsstreitigkeiten – gleichviel ob vor staatlichen Zivilgerichten oder vor nichtstaatlichen Schiedsgerichten.

Folgende maßgebliche Änderungen sind im deutschen Schiedsverfahrensrecht geplant:

I. Formfreiheit für Schiedsvereinbarungen im Wirtschaftsverkehr

Momentan müssen Schiedsvereinbarungen bestimmten Formanforderungen genügen (§ 1031 ZPO). Im Wirtschaftsverkehr soll nun der Abschluss von formfreien Schiedsvereinbarungen ermöglicht werden. Zukünftig werden Schiedsvereinbarungen daher auf jedem denkbaren Weg geschlossen werden können.

II. Stärkung der Transparenz und Förderung der Rechtsfortbildung

In der Handelsschiedsgerichtsbarkeit wird oft um hohe Streitwerte gestritten und um bedeutsame Rechtsfragen gerungen. Vor diesem Hintergrund soll die Entscheidungstransparenz in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit gestärkt und die richterliche Fortentwicklung des Rechts gefördert werden. Hierzu soll die Veröffentlichung von Schiedssprüchen durch das Schiedsgericht gesetzlich gestattet werden, wenn die Parteien mit der Veröffentlichung einverstanden sind.

III. Stärkung der Digitalisierung des Verfahrensrechts

Mit Blick auf die guten praktischen Erfahrungen in den letzten Jahren soll gesetzlich abgesichert werden, dass mündliche Verhandlungen vor Schiedsgerichten ganz oder teilweise im Wege einer zeitgleichen Bild- und Tonübertragung („Videokonferenz“) durchgeführt werden können. So wird die Digitalisierung des Verfahrensrechts weiter gestärkt.

IV. Förderung der englischen Sprache in Verfahren vor staatlichen Gerichten

An ein Schiedsverfahren kann sich ein Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren anschließen, mit dem der Schiedsspruch durch staatliche Gerichte aufgehoben oder für vollstreckbar erklärt wird. Da die englische Sprache in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit von überragender Bedeutung ist, sollen für diese Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren Erleichterungen im Hinblick auf die englische Sprache geschaffen werden: Sowohl der Schiedsspruch als auch andere Schriftstücke aus dem Schiedsverfahren sollen in diesen Verfahrensarten bei Gericht in englischer Sprache vorgelegt werden können. Darüber hinaus sollen in Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren die Commercial Courts in denjenigen Ländern zuständig sein, die diese besonderen Spruchkörper bei den Oberlandesgerichten einführen und diese Verfahren den Commercial Courts zuweisen. Mit dem Einverständnis der Parteien sollen die Verfahren vor den Commercial Courts auch vollständig in englischer Sprache geführt werden können. Staatliche Gerichtsverfahren, die im Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren stehen, können auf diese Weise effizienter geführt werden und den Parteien entstehen keine Kosten für umfangreiche Übersetzungen.

Das Eckpunktepapier ist hier abrufbar.

Eckpunkte zum Bürokratieabbau beschlossen

Das Bundeskabinett hat heute die von dem Bundesminister der Justiz vorgelegten Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) beschlossen. Damit soll ein wesentlicher Beitrag zum Abbau von bürokratischen Hürden geleistet und ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden.  

Pressemitteilung 30. August 2023  

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt:
„Heute leiten wir die Trendwende ein: Weg von immer mehr Bürokratie, hin zu Entlastung und neuen Freiräumen zum Wirtschaften. Mit den Meseberger Beschlüssen unserer Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz und dem Wachstumschancengesetz nehmen wir Bürokratie-Ballast in Höhe von 2,3 Milliarden Euro von den Schultern unserer Wirtschaft. Wir werden so den Bürokratiekostenindex auf den niedrigsten Stand seit Beginn seiner Erhebung drücken. Wir verkürzen etwa die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre und in Hotels muss nicht mehr für jeden einzelnen Gast ein Meldeschein ausgefüllt werden. Mein Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundeskabinett, die aus ihren Geschäftsbereichen Maßnahmen zugesteuert haben oder in Eigenregie noch weitere Maßnahmen zum Abbau unnötiger Regeln vornehmen werden. Wir bleiben ehrgeizig und wollen einen Referentenentwurf für das Bürokratieentlastungsgesetz noch in diesem Jahr vorlegen. Klar ist aber auch: Der Abbau von Bürokratie ist kein einmaliges, abgegrenztes Projekt, sondern ein Prozess, bei dem wir dauerhaft am Ball bleiben müssen.“

Die Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) wurden unter anderem auf Grundlage der Anfang 2023 durchgeführten Verbändeabfrage erstellt. Neben den von den zuständigen Ressorts ausgewählten Vorschlägen aus der Abfrage konnten die Ressorts auch weitere eigene Vorhaben an das Bundesministerium der Justiz übermitteln. Mit den Maßnahmen sollen die Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung entlastet werden. Das Volumen der Entlastungen des Eckpunktepapiers und des ebenfalls verabschiedeten Entwurfs eines Wachstumschancengesetzes beträgt nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes voraussichtlich mindestens 2,3 Milliarden Euro. Nach derzeitigen Berechnungen des Statistischen Bundesamts wird der Bürokratiekostenindex, der die Belastungen der Unternehmen aus Informationspflichten sichtbar macht, auf den niedrigsten Stand seit seiner Erhebung sinken.

Das Eckpunktepapier sieht unter anderem folgende Neuerungen vor:
Informationspflichten: Diese sollen auf Aktualität, Harmonisierungsmöglichkeiten und sonstige Ansatzpunkte zur Entlastung für den Mittelstand überprüft werden. Dabei werden die Informationspflichten im Energierecht, im Außenwirtschaftsrecht, im Mess- und Eichwesen sowie im Rahmen der Wirtschaftsstatistik, Gewerbe- und Handwerksordnung als auch in branchen- und berufsspezifischen Verordnungen auf den Prüfstand gestellt.
Aufbewahrungsfristen: Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege sollen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden.
Hotelmeldepflicht: Die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige soll abgeschafft werden.
Schriftformerfordernisse: Die Elektronische Form soll im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Regelform werden. Deshalb sollen zahlreiche Schriftformerfordernisse soweit wie möglich aufgehoben werden. Auch soll der Rechtsverkehr für die Wirtschaft sowie für Bürgerinnen und Bürger vereinfacht und weitmöglichst digitalisiert werden.
Arbeitsverträge:
Im Nachweisgesetz soll eine Regelung geschaffen werden, wonach wie bereits bisher bei schriftlichen Arbeitsverträgen die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu erteilen, entfällt, wenn und soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde. Entsprechendes soll für in elektronischer Form geschlossene Änderungsverträge bei Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen gelten. Ausgenommen werden sollen die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Absatz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.
Arbeitszeit: Für die Regelung zur Erteilung von Arbeitszeugnissen in § 630 BGB soll ebenfalls die elektronische Form ermöglicht werden. Das Arbeitszeitgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz soll mit dem Ziel angepasst werden, dass die jeweiligen Aushangpflichten durch den Arbeitgeber auch erfüllt werden, wenn dieser die geforderten Informationen über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik (etwa das Intranet) elektronisch zur Verfügung stellt, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben.
Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung: Für die nach § 4 Absatz 4 Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung (LMIDV) vorzuhaltenden schriftlichen Aufzeichnungen über in loser Ware enthaltene Allergene soll die digitale Form ermöglicht werden. Dies gilt dann auch für verpflichtende Informationen über in loser Ware enthaltene Lebensmittelzusatzstoffe und Aromen, da für die Art und Weise der Kennzeichnung in den einschlägigen Vorgaben auf die Regelung der LMIDV verwiesen wird.
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz: Das Schriftformerfordernis im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit soll durch die Textform ersetzt werden.
Küstenschifffahrtsverordnung: Die Küstenschifffahrtsverordnung, wonach Seeschiffe, die nicht aus der EU stammen, eine Genehmigung für innerdeutsche Transporte in den Küstengewässern benötigen, soll abgeschafft werden. Damit wird das Gewerbe und die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt von ca. 150 Verwaltungsverfahren pro Jahr entlastet. Die Voraussetzungen für eine Erteilung der Genehmigung lag bislang in über 90% der Fälle vor.
Beschleunigung von Baumaßnahmen an der Schieneninfrastruktur: Um die artenschutzrechtliche Prüfung in Bezug auf ausgewählte und im Schienenbereich besonders relevante Arten fachgerecht zu standardisieren, werden Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften geschaffen.

Der Schutzumfang der betroffenen Arten wird nicht abgesenkt. Darüber hinaus wird der Abbau von Bürokratie mit weiteren Maßnahmen flankiert. Hierzu soll zeitnah ein Bericht der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden. Auch das BEG IV wird in den Bericht einfließen. Verbändeabfrage Die Verbändeabfrage ist ein Projekt des Staatssekretär-Ausschusses „Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau“, in dem alle Ministerien der Bundesregierung vertreten sind. Koordiniert wird dieser von dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und Koordinator der Bundesregierung für Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau, Benjamin Strasser. Stellvertretender Vorsitzender ist der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Michael Kellner. Über 57 Verbände haben bis Mitte Februar 2023 an der Abfrage teilgenommen und 442 Vorschläge eingereicht. Die Befragung erfolgte über ein Online-Tool, das vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt wurde. Neben der Benennung von unnötiger Bürokratie konnten die Verbände auch selbst Vorschläge unterbreiten, wie Regelungen vereinfacht werden könnten, die im Verantwortungsbereich der Bundesregierung liegen.
Anschließend wurden diese vom Statistischen Bundesamt sortiert und von den jeweils zuständigen Ressorts ausgewertet. In die Eckpunkte sind in der Folge Vorschläge aus der Verbändeabfrage, aber auch eigene Vorschläge aus den jeweils zuständigen Ressorts eingeflossen.

Bürokratiekostenindex
Mit dem Bürokratiekostenindex werden die Belastungen der Unternehmen aus Informationspflichten sichtbar gemacht und aufgezeigt, wie diese sich im Zeitverlauf entwickeln. Der Bürokratiekostenindex wird seit 2012 vom Statistischen Bundesamt erhoben. Die damals bestehende Belastung wurde mit 100 definiert. Seitdem schwankt der Wert zwischen 100,41 und 96,97. Der Bürokratiekostenindex liegt mit Stand Juni 2023 bei 98,41. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts soll der Bürokratiekostenindex durch die angedachten Maßnahmen deutlich sinken.

Auf der Basis des Eckpunktepapiers wird das Bundesministerium der Justiz nun schnellstmöglich einen Referentenentwurf für das BEG IV koordinieren. Das Eckpunktepapier zu einem weiteren Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) finden Sie hier.

Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch: Maßnahmen zur Löschung von Bildern und Videos zeigen Wirkung

Mitteilung des BMF vom 14.06.2023

Bundesregierung beschließt jährlichen Bericht

Das Bundeskabinett hat heute den von Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann und Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgelegten Bericht über die im Jahr 2022 ergriffenen Maßnahmen zum Zweck der Löschung von Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet („Telemedienangeboten mit kinderpornographischen Inhalten im Sinne des § 184b des Strafgesetzbuches (StGB)“) beschlossen.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann:
„Sexualisierte Gewalt kann ganze Leben zerstören – gerade schon in der Kindheit. Deshalb ist die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder für die Bundesregierung ein besonderes Anliegen. Kinderpornographische Inhalte sind nicht nur abstoßend, ihnen liegt häufig auch reale sexualisierte Gewalt gegen Kinder zugrunde. Die Aufdeckung und Meldung von kinderpornographischen Inhalten ist daher nicht nur wichtig, um deren Herstellung und Verbreitung zu verhindern. Sondern sie hilft vor allem auch, Opfer und Täter zu identifizieren – und dieses schreckliche Verbrechen zu stoppen.

Neben der Strafverfolgung setzt die Bundesregierung auf das schnelle Löschen kinderpornographischer Inhalte im Internet durch eine effektive Zusammenarbeit der beteiligten staatlichen und privaten Stellen. Die weiterhin hohen Löschquoten und vergleichsweise kurzen Bearbeitungszeiten belegen, dass das Konzept ‚Löschen statt Sperren‘ weiterhin wirkungsvoll ist. Wir müssen außerdem weiterhin die Präventionsarbeit stärken. Polizei, Justiz und Jugendämter brauchen zudem eine gute personelle und sachliche Ausstattung und Aus- und Fortbildung in diesen Bereichen. Wir werden beim Kampf gegen sexualisierte Gewalt nicht lockerlassen.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser:
„Kinder vor sexualisierter Gewalt zu schützen, hat für mich höchste Priorität. Es ist zutiefst erschütternd, dass jeden Tag 48 Kinder in Deutschland Opfer von sexueller Gewalt werden. So viele Fälle gab es 2022 im Schnitt jeden Tag. Diese Taten bedeuten unfassbares Leid für die Verwundbarsten in unserer Gesellschaft. Unsere Ermittlungsbehörden arbeiten daher mit Hochdruck daran, andauernde Missbrauchstaten zu beenden und die Tatverdächtigen schnell und konsequent zu ermitteln. Kein Täter darf sich vor Strafverfolgung sicher fühlen.

Auch im Jahr 2022 haben die Strafverfolgungsbehörden erfolgreich dafür gesorgt, dass Missbrauchsdarstellungen schnell gelöscht werden. Dies ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs. In der Regel werden solche Bilder und Videos mehrfach im Internet geteilt. Einmal hochgeladen kursieren diese noch Jahre – das ist unerträglich für die Betroffenen und verletzt deren Würde und deren Rechte immer und immer wieder. Deshalb verhandeln wir intensiv über europäische Regeln, mit denen wir digitale Plattformen in die Pflicht nehmen wollen, damit Missbrauchsdarstellungen entdeckt, gelöscht und die Täter verfolgt werden. Mit dem EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch werden wir die Opfer unterstützen. Wir werden ihnen erstmals das ausdrückliche Recht geben, zu erfahren, ob Missbrauchsabbildungen noch im Umlauf sind. Den Betroffenen Rechte und eine Stimme zu geben, ist mir sehr wichtig.“

Wesentlicher Gegenstand des Berichts ist die statistische Auswertung der Löschbemühungen für das Jahr 2022 sowie eine Übersicht von Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch. Gemäß dem Prinzip „Löschen statt Sperren“ wurden auf der Grundlage von weitergeleiteten Hinweisen von den im Inland gehosteten Inhalten innerhalb von einer Woche nahezu alle gemeldeten kinderpornographischen Inhalte von den Hosting-Anbietern gelöscht (97,7 %). Über drei Viertel (76,3 %) der Inhalte wurden sogar bereits binnen zwei Tagen nach Eingang des Hinweises beim Bundeskriminalamt (BKA) gelöscht. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit vom Eingang des Hinweises beim BKA bis zur Löschung durch den Provider lag im Jahr 2022 bei 1,54 Tagen. Im Berichtszeitraum hat das BKA insgesamt 15.309 Hinweise zu kinderpornographischen Inhalten bearbeitet. Ungefähr die Hälfte (51,4 %) der Inhalte wurde im Inland gehostet. Wegen des komplexeren Verfahrensablaufs und der größeren Anzahl der beteiligten Stellen war für die Löschung im Ausland gehosteter Inhalte mehr Zeit erforderlich. Hier waren 53,2 % der Inhalte binnen einer Woche nach Eingang des Hinweises beim BKA gelöscht; nach vier Wochen betrug die Löschquote 88,5 %. Die nicht gelöschten Inhalte wurden der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) zur Durchführung eines Indizierungsverfahrens zugeleitet.

Der Deutsche Bundestag hatte in der 17. Wahlperiode auf Vorschlag der Bundesregierung entschieden, bei der Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet zusätzlich zu einer konsequenten Strafverfolgung der Täter auf das Prinzip „Löschen statt Sperren“ zu setzen. In diesem Zusammenhang ist die Bundesregierung aufgefordert worden, ab dem Jahr 2013 jährlich jeweils für das vorangegangene Kalenderjahr über den Erfolg der Löschmaßnahmen zu berichten. Zur Information des Deutschen Bundestages enthält der Bericht zudem ausgewählte Maßnahmen und Projekte zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung im Internet, unter anderem Informationen zu den Pflichten von Online-Plattformen zur Moderation von Inhalten nach dem Digital Services Act (DSA), sowie zu europäischen und internationalen Bemühungen und Aktivitäten zur Bekämpfung der sexuellen Gewalt gegen Kinder, u.a. die europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder (BIK+) und die Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und Gewalt gegen Kinder im G7-Rahmen. Der Bericht wurde dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet.

Den Bericht finden Sie hier.

Schnellere Entscheidungen des BGH in Massenverfahren

Mitteilung des BMJ vom 14.06.2023

Das Bundesministerium der Justiz hat heute den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof veröffentlicht.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Flugverspätungen, unzulässige Kontogebühren, mangelhafte Produktserien – solche Vorfälle betreffen schnell viele tausend Kunden, die zu viel gezahltes Geld zurückhaben wollen. Die daraus entstehenden Massenverfahren, in denen sich meist dieselben grundsätzlichen Rechtsfragen stellen, sind eine Herausforderung für die Justiz. Die Einführung von Leitentscheidungen, in denen sich der Bundesgerichtshof unter bestimmten Voraussetzungen zu grundsätzlichen Rechtsfragen äußern kann, ist ein weiterer wichtiger Baustein, um solche Verfahren in Zukunft noch effizienter erledigen zu können. Das ist gut für Verbraucherinnen und Verbraucher – und entlastet zugleich die Justiz. Das Vorhaben ergänzt damit die Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie, die derzeit im parlamentarischen Verfahren beraten wird, sowie unsere vielfältigen Vorhaben zur Digitalisierung der Justiz.“ Unser Ziel: Schneller Rechtssicherheit und Entlastung der Justiz in Massenverfahren Dem Bundesgerichtshof (BGH) soll es erleichtert werden, grundsätzliche Rechtsfragen zu entscheiden, die sich in einer Vielzahl von Verfahren in gleicher Weise stellen. Dies schafft schneller Rechtssicherheit für alle und ist ein Baustein zur Entlastung der Gerichte, indem weitere Klagen zur selben Rechtsfrage vermieden werden.

Zum Hintergrund:
Das massenhafte Einklagen von gleichgelagerten Ansprüchen im Wege einzelner Verfahren (z. B. im Diesel-Skandal oder wegen unzulässiger Klauseln in Fitnessstudio-, Versicherungs- oder Bankverträgen) hat stark zugenommen. Häufig gibt es dabei rechtliche Streitfragen, die alle Verfahren gleichermaßen betreffen. Solange diese Fragen noch nicht durch den Bundesgerichtshof geklärt wurden, laufen die meisten dieser Verfahren bis zur letzten Instanz. Sind die Verfahren beim Bundesgerichtshof angekommen, kann eine höchstrichterliche Entscheidung allerdings „verhindert“ werden, indem das Revisionsverfahren von den Parteien z. B. durch eine Rücknahme oder einen Vergleich beendet wird. Ohne eine solche höchstrichterliche Klärung werden die Instanzgerichte daher immer wieder mit neuen Verfahren zu gleichgelagerten Sachverhalten belastet. Das verlängert die Verfahrensdauer in den einzelnen Verfahren und belastet die Gerichte unnötig.

Was soll sich ändern?
Wir wollen mit dem Leitentscheidungsverfahren eine neue Möglichkeit für den BGH schaffen, grundsätzliche Rechtsfragen in Massenverfahren auch dann zu entscheiden, wenn die Parteien das Verfahren anderweitig beendet haben (zum Beispiel durch eine Rücknahme).

Das heißt konkret: Wird in einem Massenverfahren eine Revision eingelegt, so kann der Bundesgerichtshof dieses Verfahren zu einem Leitentscheidungsverfahren bestimmen. Der Bundesgerichtshof entscheidet über die grundsätzlichen Rechtsfragen auch dann, wenn sich das Revisionsverfahren z.B. durch Rücknahme erledigt hat: Er trifft die Entscheidung dann als neuartige Leitentscheidung. Die Leitentscheidung hat keine Auswirkungen auf das einzelne Revisionsverfahren; den Parteien bleibt es unbenommen, sich zu vergleichen oder die Revision zurückzunehmen. Die Leitentscheidung dient – wie eine Revisionsentscheidung sonst auch – den Gerichten und der Öffentlichkeit als Richtschnur und Orientierung. Dies sorgt für: schnellere Rechtssicherheit bei Betroffenen und Rechtsanwendern eine Entlastung der Gerichte durch Vermeidung weiterer Klagen oder Rechtsmitteleinlegungen zur selben Rechtsfrage und verursacht keine zusätzlichen Kosten. Gerichte können bei ihnen anhängige Parallelverfahren im Einverständnis mit den Parteien bis zur Revisions- oder Leitentscheidung aussetzen.

Bereits gestern wurde der Entwurf an Länder und Verbände übermittelt. Diese haben nun bis 14. Juli 2023 Gelegenheit zur Stellungnahme.

Den Referentenentwurf finden Sie hier.

Freiheit im Namensrecht Bundesministerium der Justiz veröffentlicht – Gesetzentwurf

Presemitteilung des BMJ vom



Das Bundesministerium der Justiz hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts veröffentlicht.

Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann erklärt aus diesem Anlass:
„Das geltende deutsche Namensrecht ist in etwa so zeitgemäß wie ein Kohleofen – und so flexibel wie Beton. Unser Ziel ist deshalb: Mehr Freiheit und Flexibilität im Namensrecht. Wir werden echte Doppelnamen einführen – und damit einem Wunsch vieler Paare entsprechen. Außerdem werden wir Namensänderungen nach Scheidung der Eltern erleichtern. Und wir werden geschlechtsangepasste Familiennamen ermöglichen, wo eine besondere Namenstradition dies vorsieht – so etwa bei den Sorbinnen und Sorben. Die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger zeigen mir: Für unsere Initiative gibt es ein echtes Bedürfnis. In den letzten Wochen haben unsere Pläne überwältigend viel Zuspruch erhalten. Wagen wir also endlich mehr Fortschritt im Namensrecht – und machen wir das Recht liberaler.“ Der Gesetzentwurf sieht eine Modernisierung des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts vor: also des Ehe- und Geburtsnamensrechts. Das geltende deutsche Namensrecht ist – gerade auch im internationalen Vergleich – sehr restriktiv. Es trägt der vielfältigen Lebenswirklichkeit und den Bedürfnissen vieler Familien nicht hinreichend Rechnung. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien deshalb eine Liberalisierung vereinbart. Folgende Änderungen sind deshalb vorgesehen:

I. Einführung echter Doppelnamen für Ehepaare und Kinder

Kernstück der Reform ist die Einführung echter Doppelnamen für Ehepaare und Kinder. Ehepaare solle künftig beide bisherigen Familiennamen zum Ehenamen bestimmen können. Sie sollen sich nicht mehr für einen ihrer bisherigen Familiennamen entscheiden müssen. Bestimmen Ehepaare einen Doppelnamen zum Ehenamen, so ist vorgesehen, dass dieser Ehename (wie schon bisher) kraft Gesetzes zum Geburtsnamen gemeinsamer Kinder wird.
Eltern, die keinen Ehenamen führen, sollen ihren Kindern einen aus den Familiennamen beider Elternteile zusammengesetzten Doppelnamen erteilen können. Dadurch soll ermöglicht werden, die Zugehörigkeit des Kindes zu beiden Elternteilen nach außen zu dokumentieren. Diese Neuerung soll auch unverheirateten Eltern in Bezug auf ihre gemeinsamen Kinder offenstehen. Es ist vorgesehen, dass von den entsprechenden Neuerungen auch Ehepaare profitieren können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits verheiratet sind und die zu diesem Zeitpunkt auch bereits einen Ehenamen führen.

II. Erleichterung der Namensänderung für Stiefkinder und Scheidungskinder

Stief- und Scheidungskindern soll es in bestimmten Fällen erleichtert werden, ihren Namen zu ändern. Eine vorgeschlagene Neuerung betrifft einbenannte Stiefkinder: Das sind Kinder, die im Wege der Einbenennung den Namen eines Stiefelternteils erhalten haben. Ihnen soll es erleichtert werden, die Einbenennung rückgängig zu machen – und wieder den Geburtsnamen zu erhalten, den sie vor der Einbenennung geführt haben. Dies soll für Fälle gelten, in denen die Ehe des leiblichen Elternteils mit dem Stiefelternteil aufgelöst wird oder das Kind nicht mehr in dem Haushalt der Stieffamilie lebt. Eine weitere vorgeschlagene Neuerung betrifft minderjährige Kinder, deren Eltern sich haben scheiden lassen. Legt der betreuende Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, den Ehenamen ab, so soll auch das Kind diese Namensänderung nachvollziehen können: Es soll also den geänderten Familiennamen des Elternteils erhalten können, in dessen Haushalt es lebt. Eine entsprechende Namensänderung bedarf der Einwilligung des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat. Und sie soll grundsätzlich auch nicht gegen den Willen des anderen Elternteils erfolgen können, wenn dieser ebenfalls sorgeberechtigt ist oder das Kind seinen Namen trägt.

III. Geschlechtsangepasste Familiennamen

Der Entwurf sieht vor, die Bestimmung einer geschlechtsangepassten Form des Geburts- und Ehenamens zu ermöglichen. Voraussetzung hierfür soll sein, dass eine entsprechende Anpassung der Herkunft der Familie oder der Tradition derjenigen Sprache entspricht, aus der der Name stammt. Dadurch soll künftig zum Beispiel die nach sorbischer Tradition und in slawischen Sprachen übliche weibliche Abwandlung des Familiennamens auch in die Personenstandsregister eingetragen werden können.

IV. Kein Zwang zur Namensänderung nach Erwachsenadoption

Der Zwang zur Namensänderung nach einer Erwachsenenadoption soll aufgehoben werden. Die angenommene (adoptierte) Person soll den bisherigen Familiennamen behalten können, den Namen der annehmenden Person erhalten können oder eine Kombination aus dem bisherigen und dem Namen der annehmenden Person wählen können. Der Entwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 26. April 2023 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Auf der Internetseite des BMJ sind auch begleitende Erläuterungspapier zum Entwurf veröffentlicht.

Den Referentenentwurf finden Sie hier.

Das Erläuterungspapier finden Sie hier.
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