Kein Recht auf Gewerbemietminderung wegen Corona – jedenfalls bis 31.12.2020

Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.09.2021, 2 U 147/20 und 2 U 18/21) hatte einen Fall zu entscheiden, wonach ein Sushi-Restaurant im Flughafen Frankfurt aufgrund hoheitlich vorgenommener Corona-Beschränkungen zeitweise nicht öffnen konnte. Dieses Restaurant begehrte Feststellung, dass sie zur Mietminderung berechtigt ist. Das OLG lehnte jedoch in zweiter Instanz diesen Feststellungsanspruch ab. Eine Mangelhaftigkeit liege nicht vor. Der Vermieter schulde allein die Möglichkeit, dass in den überlassenen Räumen ein Geschäftsbetrieb mit dem konkret vereinbarten Zweck geführt werden könne. Das Verwendungsrisiko trage dabei der Mieter. Eine Unmöglichkeit der Leistung des Vermieters liege aber auch insoweit nicht vor. Insoweit liegt nach wie vor, zumindest nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main, ein Zustand vor, der den vertragsgemäßen Gebrauch entspricht.

Eine Anpassung der Geschäftsgrundlage über § 313 BGB sei zwar grundsätzlich möglich. Jedoch könne davon ausgegangen werden, dass die Parteien bei Kenntnis einer solchen Pandemie eine zeitweise Minderung vereinbart hätten. Der Gesetzgeber hat aber die Risikoverteilung im Miet- und Pachtrecht dem Mieter zugewiesen. Deswegen sei eine Mietminderung dem Vermieter nicht zumutbar. Dies beruhe auch darauf, dass der Vermieter Darlehensverpflichtungen nachgehen müsse.

Im Parallelfall kündigte die Pächterin einer Gaststätte außerordentlich aufgrund der Corona-Pandemie. Auch dies sei nicht gerechtfertigt. Das Verwendungsrisiko liege beim Pächter, die Gebrauchsgewährungspflicht beim Verpächter. Der Verpächter hat grundsätzlich nur die Pflicht zur Gebrauchsüberlassung. Dies wurde erfüllt. Die Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes würden sich dabei auch nur auf die Geschäftsausübung, nicht aber auf das Pachtobjekt selbst beziehen. Zudem sei die Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung von der Pächterin im Prozess nicht dargelegt worden.

An den beiden Entscheidungen ist zu kritisieren, dass gerade § 313 BGB von einer unvorhergesehenen Störung der Geschäftsgrundlage ausgeht und hier die Anpassung oder sogar Kündigung des Vertrages grundsätzlich ermöglicht. Bei der dann zu folgenden Würdigung wird lediglich auf das im Miet- und Pachtrecht bestehende Verwendungsrisiko abgestellt. § 313 BGB ermöglicht aber durch seine Stellung im allgemeinen Schuldrecht gerade Maßnahmen außerhalb des jeweiligen Vertragstypus, hier des Mietrechts bzw. des Pachtrechts. Auf die Risikoverteilung im jeweiligen Vertragsverhältnis abzustellen ist daher grundsätzlich verkehrt.

Auch kann nicht darauf abgestellt werden, dass die Parteien bei Kenntnis einer Pandemie die Herabsetzung der Miete vereinbart hätten. Die Pandemie war nicht vorhersehbar. Sie fand zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland statt. Es war auch nicht vorhersehbar, dass hier Geschäftsbetriebe geschlossen werden.

Auch die erheblichen Darlehensverpflichtungen des Vermieters, was häufig bei finanzierten Immobilien der Fall sein wird, kann nicht als Grundlage herangezogen werden, da gerade § 313 BGB in seiner systematischen Stellung außerhalb der Risikozuweisung der jeweiligen Vertragstypen steht und die Finanzierung des vermieteten Objekts mit dem Mietverhältnis zumindest in rechtlicher Hinsicht nichts zu tun hat, höchstens in wirtschaftlicher.

Zudem wurde mit Wirkung ab 31.12.2020 befristet zum 30.09.2022 Art. 240 § 7 EGBGB eingeführt, wonach eine Vermutung der Gestalt eintritt, dass bei Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ein entsprechender Umstand nach § 313 Abs. 1 BGB vorliegt. Insofern ist hier zu unterscheiden für Zeiträume vor dem 31.12.2020 und danach.

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