Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungs-Recht: Neuerungen beschlossen

BMJ Pressemitteilung vom 24.05.2023

Das Bundeskabinett hat heute den von dem Bundesminister der Justiz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2118 im Hinblick auf die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (sogenannte KH-Richtlinie) beschlossen.
Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen eine 1:1-Umsetzung der Richtlinie vor. Dabei wird es wenige Änderungen an den bestehenden Versicherungspflichten geben. So wird der Gebrauch einzelner Arten von Fahrzeugen im Straßenverkehr und der Gebrauch von Fahrzeugen im Motorsport erstmals versicherungspflichtig.
Außerdem gibt es Änderungen bei der Insolvenzabsicherung für Kfz-Haftpflichtversicherer. Der Gesetzentwurf sieht eine erstmalige Versicherungspflicht für den Gebrauch folgender Fahrzeuge vor:

Selbstfahrende Arbeitsmaschinen (z.B. Bagger, Erntemaschine, Kehrmaschine) und Stapler im Sinne der Fahrzeug-Zulassungsverordnung mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit über 6 km/h bis 20 km/h auf öffentlichen Straßen. Weiterhin nicht versicherungspflichtig sind diese Fahrzeuge, wenn sie ausschließlich auf Privat- und Betriebsgeländen gebraucht werden oder o Schäden durch ihren Gebrauch auch im Straßenverkehr bereits von einer Haftpflichtversicherung gedeckt sind.

Fahrzeuge bei Motorsportveranstaltungen abseits des Straßenverkehrs: Für den Gebrauch von Fahrzeugen bei einer Motorsportveranstaltung in einem hierfür abgegrenzten Gebiet sieht der Gesetzesentwurf einen nach der Richtlinie erforderlichen alternativen Versicherungsschutz vor. Dieser kann auch aufgrund einer vom Veranstalter oder einer anderen Partei abgeschlossenen Haftpflichtversicherung bestehen. Umfang und Deckungssummen werden in Anlehnung an eine Kfz-Pflichtversicherung geregelt. Die Mindestversicherungssumme liegt in Deutschland für Personenschäden heute bei 7,5 Millionen Euro je Schadensfall. Dies soll auch für den alternativen Versicherungsschutz bei Motorsportveranstaltungen gelten. Anstelle der bisherigen deutschen Absicherung für den Fall der Insolvenz eines Kfz-Haftpflichtversicherers durch den Verkehrsopferhilfe e.V. als Entschädigungsfonds, wird die Insolvenzsicherung nach den Vorgaben der KH-Richtlinie treten:

Zuständigkeit:
Die Aufgabe der Insolvenzsicherung wird weiterhin dem Verkehrsopferhilfe e.V. unter der neuen Bezeichnung als Insolvenzfonds zugewiesen.
Finanzierung:
Diese erfolgt nur noch durch die in Deutschland zugelassenen Kfz-Haftpflichtversicherer. Die Bemessungsgrundlage wird auf das Prämienaufkommen ihres gesamten in den EWR-Staaten getätigten Kfz-Haftpflichtversicherungsgeschäfts erweitert. Die bisherige Deckelung auf 0,5 % des Gesamtprämienaufkommens des vorangegangenen Kalenderjahres für die Insolvenzsicherung entfällt. Dies stellt sicher, dass ausreichend Mittel für die Insolvenzsicherung zur Verfügung stehen.
Umfang: Regressregelungen zwischen den nationalen Stellen der EU-Mitgliedstaaten führen richtlinienbedingt dazu, dass die endgültige Einstandspflicht des Verkehrsopferhilfe e.V. (d.h. des Insolvenzfonds) auf Schäden beschränkt ist, die durch die Insolvenz der in Deutschland zugelassenen Versicherer verursacht wurden.

Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2118 im Hinblick auf die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.

Den Regierungsentwurf sowie ein Dokument mit Fragen und Antworten finden Sie hier.

Freiheit im Namensrecht Bundesministerium der Justiz veröffentlicht – Gesetzentwurf

Presemitteilung des BMJ vom



Das Bundesministerium der Justiz hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts veröffentlicht.

Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann erklärt aus diesem Anlass:
„Das geltende deutsche Namensrecht ist in etwa so zeitgemäß wie ein Kohleofen – und so flexibel wie Beton. Unser Ziel ist deshalb: Mehr Freiheit und Flexibilität im Namensrecht. Wir werden echte Doppelnamen einführen – und damit einem Wunsch vieler Paare entsprechen. Außerdem werden wir Namensänderungen nach Scheidung der Eltern erleichtern. Und wir werden geschlechtsangepasste Familiennamen ermöglichen, wo eine besondere Namenstradition dies vorsieht – so etwa bei den Sorbinnen und Sorben. Die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger zeigen mir: Für unsere Initiative gibt es ein echtes Bedürfnis. In den letzten Wochen haben unsere Pläne überwältigend viel Zuspruch erhalten. Wagen wir also endlich mehr Fortschritt im Namensrecht – und machen wir das Recht liberaler.“ Der Gesetzentwurf sieht eine Modernisierung des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts vor: also des Ehe- und Geburtsnamensrechts. Das geltende deutsche Namensrecht ist – gerade auch im internationalen Vergleich – sehr restriktiv. Es trägt der vielfältigen Lebenswirklichkeit und den Bedürfnissen vieler Familien nicht hinreichend Rechnung. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien deshalb eine Liberalisierung vereinbart. Folgende Änderungen sind deshalb vorgesehen:

I. Einführung echter Doppelnamen für Ehepaare und Kinder

Kernstück der Reform ist die Einführung echter Doppelnamen für Ehepaare und Kinder. Ehepaare solle künftig beide bisherigen Familiennamen zum Ehenamen bestimmen können. Sie sollen sich nicht mehr für einen ihrer bisherigen Familiennamen entscheiden müssen. Bestimmen Ehepaare einen Doppelnamen zum Ehenamen, so ist vorgesehen, dass dieser Ehename (wie schon bisher) kraft Gesetzes zum Geburtsnamen gemeinsamer Kinder wird.
Eltern, die keinen Ehenamen führen, sollen ihren Kindern einen aus den Familiennamen beider Elternteile zusammengesetzten Doppelnamen erteilen können. Dadurch soll ermöglicht werden, die Zugehörigkeit des Kindes zu beiden Elternteilen nach außen zu dokumentieren. Diese Neuerung soll auch unverheirateten Eltern in Bezug auf ihre gemeinsamen Kinder offenstehen. Es ist vorgesehen, dass von den entsprechenden Neuerungen auch Ehepaare profitieren können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits verheiratet sind und die zu diesem Zeitpunkt auch bereits einen Ehenamen führen.

II. Erleichterung der Namensänderung für Stiefkinder und Scheidungskinder

Stief- und Scheidungskindern soll es in bestimmten Fällen erleichtert werden, ihren Namen zu ändern. Eine vorgeschlagene Neuerung betrifft einbenannte Stiefkinder: Das sind Kinder, die im Wege der Einbenennung den Namen eines Stiefelternteils erhalten haben. Ihnen soll es erleichtert werden, die Einbenennung rückgängig zu machen – und wieder den Geburtsnamen zu erhalten, den sie vor der Einbenennung geführt haben. Dies soll für Fälle gelten, in denen die Ehe des leiblichen Elternteils mit dem Stiefelternteil aufgelöst wird oder das Kind nicht mehr in dem Haushalt der Stieffamilie lebt. Eine weitere vorgeschlagene Neuerung betrifft minderjährige Kinder, deren Eltern sich haben scheiden lassen. Legt der betreuende Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, den Ehenamen ab, so soll auch das Kind diese Namensänderung nachvollziehen können: Es soll also den geänderten Familiennamen des Elternteils erhalten können, in dessen Haushalt es lebt. Eine entsprechende Namensänderung bedarf der Einwilligung des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat. Und sie soll grundsätzlich auch nicht gegen den Willen des anderen Elternteils erfolgen können, wenn dieser ebenfalls sorgeberechtigt ist oder das Kind seinen Namen trägt.

III. Geschlechtsangepasste Familiennamen

Der Entwurf sieht vor, die Bestimmung einer geschlechtsangepassten Form des Geburts- und Ehenamens zu ermöglichen. Voraussetzung hierfür soll sein, dass eine entsprechende Anpassung der Herkunft der Familie oder der Tradition derjenigen Sprache entspricht, aus der der Name stammt. Dadurch soll künftig zum Beispiel die nach sorbischer Tradition und in slawischen Sprachen übliche weibliche Abwandlung des Familiennamens auch in die Personenstandsregister eingetragen werden können.

IV. Kein Zwang zur Namensänderung nach Erwachsenadoption

Der Zwang zur Namensänderung nach einer Erwachsenenadoption soll aufgehoben werden. Die angenommene (adoptierte) Person soll den bisherigen Familiennamen behalten können, den Namen der annehmenden Person erhalten können oder eine Kombination aus dem bisherigen und dem Namen der annehmenden Person wählen können. Der Entwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 26. April 2023 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Auf der Internetseite des BMJ sind auch begleitende Erläuterungspapier zum Entwurf veröffentlicht.

Den Referentenentwurf finden Sie hier.

Das Erläuterungspapier finden Sie hier.

Eckpunkte für ein Gesetz gegen digitale Gewalt

Presemitteilung des BMJ vom 12.04.2023


Das Bundesministerium der Justiz hat heute ein Eckpunktepapier für ein Gesetz gegen digitale Gewalt veröffentlicht.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Wirkungsvoller Rechtsschutz ist ein rechtsstaatliches Gebot. Wer in seinen Rechten verletzt wird, muss sich vor Gericht effektiv dagegen wehren können. Das gilt auch für Rechtsverletzungen im digitalen Raum: bei Beleidigungen im Netz genauso wie bei Bedrohungen oder Verleumdungen. Das geltende Recht bleibt hinter diesem Anspruch zurück. Betroffene haben es oft unnötig schwer, ihre Rechte selbst durchzusetzen. Oft scheitert schon eine Identifizierung der handelnden Person an fehlenden Informationen oder am Faktor Zeit. Das wollen wir ändern. Wir werden das Vorgehen gegen Rechtsverletzungen im digitalen Raum erleichtern. An den Spielregeln des demokratischen Diskurses wird das Gesetz nichts ändern. Was heute geäußert werden darf, darf auch künftig geäußert werden.“ Das Gesetz gegen digitale Gewalt, das auf den Koalitionsvertrag zurückgeht, soll nach dem Eckpunktepapier mehrere gesetzliche Änderungen bewirken. Sie alle haben zum Ziel, die rechtlichen Möglichkeiten Privater zu verbessern, gegen Verletzungen ihrer Rechte im digitalen Raum vorzugehen.

Stärkung des privaten Auskunftsanspruchs

• Erweiterung des Anwendungsbereichs:

Der Auskunftsanspruch soll auf die Herausgabe von Nutzungsdaten sowie alle Fälle der Verletzung absoluter Rechte erweitert werden, sowie auf Anbieter von Messenger- und Internetzugangsdiensten erstreckt werden.

• Effektivere Ausgestaltung des Auskunftsverfahrens:

Alle Diensteanbieter sollen nach Einleitung des Auskunftsverfahrens verpflichtet werden können, die Bestands- und Nutzungsdaten des Verfassers der mutmaßlich rechtsverletzenden Äußerung sowie die Äußerung selbst bis zum Abschluss des Auskunftsverfahrens gezielt zu sichern. Darüber hinaus sind Maßnahmen vorgesehen, die das gerichtliche Verfahren beschleunigen bzw. eine schnellere gerichtliche Entscheidung ermöglichen (Erlass Einstweiliger Anordnungen, Video-Verhandlungen, keine Gerichtskosten, Amtsermittlungsgrundsatz und Bündelung der gerichtlichen Zuständigkeit).

Schaffung eines Anspruchs auf richterlich angeordnete Accountsperre

Unter gewissen Voraussetzungen sollen Betroffene einen Anspruch auf Accountsperren haben. Ihnen soll eine Möglichkeit eingeräumt werden, sich effektiv gegen wiederholte Verletzungen ihrer Rechte zur Wehr zu setzen, die über den gleichen Account verbreitet werden. So wird der Rechtsschutz gegen notorische Rechtsverletzer im digitalen Raum verbessert. Um den grundrechtlichen Positionen aller Beteiligten – der antragstellenden Person, des Accountinhabers und des Diensteanbieters – Rechnung zu tragen, wird die Accountsperre an mehrere Bedingungen geknüpft sein. Insbesondere muss sie im konkreten Fall verhältnismäßig sein: Eine Inhaltemoderation darf als milderes Mittel nicht ausreichen und es muss die Gefahr der Wiederholung schwerwiegender Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den konkreten Account bestehen.

Erleichterung der Zustellung

Die Zustellung von Schreiben an die Diensteanbieter soll erleichtert werden. Die Pflicht zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten soll beibehalten und auf außergerichtliche Schreiben ausgeweitet werden. Sie ist bislang im Netzwerkdurchsetzungsgesetz geregelt, das zum Geltungsbeginn des Digital Services Act aufgehoben werden wird. Das Eckpunktepapier zum Gesetz gegen digitale Gewalt wurde heute interessierten Kreisen (u. a. zivilgesellschaftlichen Organisationen) zugesandt und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz veröffentlicht. Die Beteiligten haben nun Gelegenheit, bis zum 26. Mai 2023 Stellung zu nehmen. Nach Auswertung der Stellungnahmen wird das BMJ einen Referentenentwurf vorlegen. Das Eckpunktepapier wird auch Gegenstand des Fachforums „Hass im Netz“ sein, das am 19. April 2023 zum zweiten Mal im Bundesministerium der Justiz stattfindet. Eingeladen hierzu sind Vertreterinnen und Vertreter aus Rechtssetzung und Rechtsdurchsetzung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Wissenschaft und der Privatwirtschaft.

Das Eckpunktepapier zum Gesetz gegen digitale Gewalt sowie weitere Erläuterungen finden Sie hier.

Rückgang der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten: Forschungsbericht an das Bundesjustizministerium übergeben

Pressemitteilung des BMJ vom 24.04.2023



Die Zahlen der neu eingegangenen Verfahren erster Instanz bei Amts- und Landgerichten sind seit Jahren rückläufig. Von 2005 bis 2019 sind die Neuzugänge bei den Amtsgerichten um etwa 36 % und bei den Landgerichten um rund 21 % zurückgegangen. Seitdem setzt sich der Trend weiter fort. Zur Erforschung der Ursachen für diese Entwicklung hatte das Bundesministerium der Justiz im September 2020 ein umfangreiches Forschungsvorhaben in Auftrag geben. Das beauftragte Forschungskonsortium unter Führung der InterVal GmbH hat heute seinen Abschlussbericht an die Staatssekretärin des Bundesjustizministeriums Dr. Angelika Schlunck übergeben.

Staatssekretärin Dr. Angelika Schlunck erklärt dazu:
„Der Forschungsbericht liefert uns wertvolle Erkenntnisse zum Zustand und zur Entwicklung der Ziviljustiz in den letzten beiden Jahrzehnten. Die Ergebnisse zeigen, dass weniger vor den Zivilgerichten geklagt wird. Und der Bericht zeigt zugleich auf, dass die Justiz eine wichtige Akteurin bei der Bewältigung privatrechtlicher Konflikte bleibt. Um zu gewährleisten, dass die Justiz ihrer Funktion gerecht bleibt, muss sie mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt halten. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, die Rechtsschutz vor den Zivilgerichten suchen, müssen dort ein zeitgemäßes Angebot erhalten, um zügig und effizient zu ihrem Recht zu kommen. Der Digitalisierung kommt dabei – dies bestätigt auch der Bericht – eine Schlüsselrolle zu.“

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde die Entwicklung der Eingangszahlen statistisch näher untersucht. Um die Ursachen des Rückgangs gründlich zu beleuchten, wurden neben der Bevölkerung und Verbänden betroffener Gruppen auch Unternehmen und Unternehmensverbände sowie Anwaltschaft und Richterschaft befragt. Außerdem hat das Forschungsteam Gerichtsakten ausgewertet und ergänzende Daten bei Rechtsschutzversicherern und Schlichtungsstellen erhoben.

Der Abschlussbericht benennt als wesentliche Gründe für den zu beobachtenden Rückgang: Geschäftsaktivitäten und private Kontakte sind komplexer und schneller geworden. Damit ist das Interesse an vorbeugenden und konsensualen Konfliktlösungen (z.B. durch AGB-Gestaltung, Vorkasse, unternehmensinternes Beschwerdemanagement) gestiegen. Prozesse werden insbesondere von Privatpersonen häufig als psychisch belastend, zeitaufwendig und unwirtschaftlich wahrgenommen. Deshalb werden zunehmend die Angebote von Dienstleistern (z.B. Legal Tech-Anbieter) genutzt. Der Beratungspraxis kommt eine wichtige Filterfunktion zu. Anwälte raten häufiger als früher von einem gerichtlichen Vorgehen ab. Auch Rechtsschutzversicherungen schränken ihre Deckungszusagen ein. Der Gang zu Gericht wird so zunehmend zur ultima ratio. Einzelne justizorganisatorische Faktoren schmälern die Attraktivität des Zivilprozesses; dazu gehören etwa die im Vergleich zur Anwaltschaft oftmals geringere Spezialisierung, die schleppende Digitalisierung und der häufige Richterwechsel. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse formuliert der Abschlussbericht rechtspolitische Empfehlungen, unter anderem zur Ausstattung der Gerichte, zu effizienteren digitalen Abläufen, zur richterlichen Spezialisierung oder zu Online-Verfahren bei Kleinforderungen.

Das Bundesministerium der Justiz wird die Ergebnisse und Empfehlungen des Abschlussberichts nun prüfen und bei künftigen Initiativen berücksichtigen. Einige Vorhaben sind bereits angestoßen. So arbeitet das BMJ an der Entwicklung und Erprobung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens, das unter anderem den digitalen Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu den Zivilgerichten erleichtern soll. Zudem hat das BMJ bereits die Ressortabstimmung für den Referentenentwurf für ein Justizstandort-Stärkungsgesetz eingeleitet. Mit diesem Gesetz soll die Attraktivität der staatlichen Ziviljustiz für die Lösung international geprägter, oftmals besonders werthaltiger Streitigkeiten gestärkt werden. Zudem unterstützt der Bund die Länder im Rahmen einer Digitalisierungsinitiative in den kommenden Jahren mit bis zu 200 Millionen Euro für digitale Projekte, um damit die Digitalisierung der Justiz voranzutreiben. Mit der Durchführung des Forschungsvorhabens ist die InterVal GmbH beauftragt, die die Untersuchung zusammen mit Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich und Prof. Dr. Armin Höland (beide Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) sowie der früheren Präsidentin des Kammergerichts Monika Nöhre durchführt hat. Das Forschungsvorhaben wurde von einem beratenden Beirat fachlich begleitet. Dieser setzte sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der Rechtswissenschaft, der Landesjustizverwaltungen, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltvereins, des Deutschen Richterbundes, des Versicherungsombudsmannes, der Verbraucherzentrale Bundesverband, des Deutschen Mieterbundes, des Bundesverbands der Deutschen Industrie und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.

Den Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben finden Sie hier.

Die Geschäftsentwicklung in Zivilsachen kann auf der Internetseite des Bundesamts für Justiz abgerufen werden.
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