Der nackte Vermieter und die Mietminderung

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Entscheidung vom 18.04.2023, Az: 2 U 43/22, entschieden, dass in einem gewerblich und privat genutzten Gebäude, in dem auch der Vermieter wohnt, dieser nackt in seinem Gartenanteil sich aufhalten könne, ohne dass eine Mietminderung wegen ästhetischer Beeinträchtigung möglich sei. Eine Gebrauchstauglichkeit  der Mietsache sei hier nicht eingeschränkt. Auch liege hier eine grob ungehörige Handlung im Sinne von § 118 OWiG nicht vor. Im zu entscheidenden Fall war es insbesondere so, dass man den Vermieter nur sehen konnte, wenn man sich weit aus einem Fenster hinausbeugt. Das Gericht hat hierin keine Berechtigung zur Mietminderung gesehen.

Mitteilungsverordnung

Der Gesetzgeber verpflichtet damit bestimmte Behörden, Mitteilungen über Leistungen an die Finanzämter zu melden. Dies betrifft insbesondere Leistungen im Rahmen der Corona-Hilfen, der Fluthilfe, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Sozialleistungsträger. Das zugehörige BMF Schreiben finden Sie hier:

Für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit ist der Stundenlohn nicht ausschlaggebend

Es gibt zwischenzeitlich viele Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt oder nicht. Das LSG Baden-Württemberg befasste sich in seinem Urteil vom 20.03.2023, L 4 BA 2739/20, damit. Eine gemeinnützige Gesellschaft vereinbarte mit dem Vertragspartner einen Stundenlohn von € 18,00. Das LSG Baden-Württemberg hat dies nicht als eindeutig zu wertendes Kriterium aufgefasst. Zwar würde eine Lohnzahlung vorliegen, da es jedoch um eine reine Dienstleistung ginge, ist auch nicht automatisch zu entnehmen, ob ein erfolgsabhängiges Entgelt vereinbart wird, was für eine selbständige Tätigkeit sprechen würde.

Erbrecht: Auslegung einer Gleichzeitigkeitsklausel und einer Katastrophenklausel in einem gemeinschaftlichen Testament

Ehegatten vereinbaren häufig im gemeinschaftlichen Testamenten, was denn erbrechtlich zu geschehen habe, wenn sie gleichzeitig versterben oder im Fall einer Katastrophe, z. B. eines Unfalls, sterben. Dabei ist es notwendig, dass sich der ermittelte gemeinsame Wille beider Testierender zumindest andeutungsweise in diesem Testament, welches die genannten Klauseln enthält, niedergeschlagen hat. Es kann jedoch ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein nicht so allzu weit auseinanderliegender Tod der Ehegatten, der auf einer gemeinsamen Ursache beruht, als gleichzeitig anzusehen ist. Andeutungen in einem späteren Testament reichen jedoch nicht aus, ein eventuell mangels Auslegungsmöglichkeit unwirksames Testament wieder zur Formunwirksamkeit zu bringen, um die Voraussetzungen der Andeutungstheorie zu erfüllen. Die Entscheidung ist dem Beschluss des OLG Schleswig vom 01.02.2023, 3 Wx 29/22, zu entnehmen.  

Bundesregierung beschließt Paket für die digitale Verwaltung: Deutschland erhält ein digitales Bürgerkonto

 PRESSEMITTEILUNG des BMI vom   24.05.2023

Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes und Eckpunkte für eine moderne und zukunftsgerichtete Verwaltung.

Quelle: BMI

Die Bundesregierung hat heute im Kabinett ein von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgelegtes Paket für die digitale Verwaltung beschlossen: Der Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes (OZG 2.0) schafft den Rahmen für die weitere Digitalisierung der Verwaltung sowie zentrale Voraussetzungen für nutzerfreundliche und vollständig digitale Verfahren.

Die zugleich beschlossenen Eckpunkte für eine moderne und zukunftsgerichtete Verwaltung enthalten wesentliche Richtungsentscheidungen. Hier geht es um mehr Priorisierung und Standardisierung sowie um eine enge Verzahnung des OZG mit Großprojekten wie der Registermodernisierung und den digitalen Identitäten. Ein breites digitales Onlineangebot bleibt Ziel der Bundesregierung. In 2023 und 2024 unterstützt die Bundesregierung Länder und Kommunen besonders bei der Umsetzung von 15 Leistungen mit dem Ziel, diese möglichst flächendeckend und vollständig digital (Ende-zu-Ende) anzubieten.

ENTWURF EINES GESETZES ZUR ÄNDERUNG DES ONLINEZUGANGSGESETZES SOWIE WEITERER VORSCHRIFTEN

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Mit unserem Paket für die digitale Verwaltung gehen wir heute einen weiteren großen Schritt, um unser Land moderner, bürgernäher und digitaler zu machen. Wir wollen das Leben der Menschen leichter machen, wertvolle Zeit sparen, der Zettelwirtschaft ein Ende bereiten und Behördengänge vermeiden.

Zukünftig können digitale Anträge deutschlandweit über die BundID als zentrales Bürgerkonto gestellt werden. Für Unternehmen wird es in Zukunft nur noch digitale Anträge geben. Besonders begrüße ich, dass wir uns gemeinsam mit Ländern und Kommunen jetzt auf 15 besonders wichtige Leistungen fokussieren. Spätestens 2024 werden dadurch zum Beispiel die Kfz- oder Führerschein-Anmeldung, die Ummeldung, die Eheschließung, eine Baugenehmigung und das Elterngeld deutschlandweit digital beantragt werden können. Das ist ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger – und ein Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat.“

Das Paket umfasst für Bürgerinnen und Bürger insbesondere folgende Punkte:

  • BundID als zentrales Bürgerkonto für alle: Der Bund wird zentrale Basisdienste bereitstellen, wie das digitale Bürgerkonto BundID. Deutschlandweit soll sich damit zukünftig identifiziert und Anträge gestellt werden können. Außerdem wird ein digitales Postfach bereitgestellt, über das kommuniziert und Bescheide zugestellt werden können.
  • Die „Zettelwirtschaft“ wird endgültig durch die gesetzliche Verankerung des Once-Only-Prinzips Nachweise für einen Antrag – zum Beispiel eine Geburtsurkunde – können zukünftig auf elektronischem Wege bei den zuständigen Behörden und Registern mit Einverständnis des Antragstellers abgerufen werden.
  • Faktische Abschaffung der Schriftform: Durch die Gesetzesänderung können zukünftig alle Leistungen rechtssicher einfach und einheitlich mit der Onlineausweisfunktion des Personalausweises digital beantragt werden; es ist keine händische Unterschrift mehr notwendig.
  • Nutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit von elektronischen Verwaltungsleistungen werden gesetzlich verankert. So wird sichergestellt, dass staatliche Angebote im Internet besser auf die Bedarfe aller Bürgerinnen und Bürger dieses Landes ausgerichtet sind.
  • Bessere Beratung bei der Nutzung von digitalen Angeboten durch die Behördenrufnummer 115. Die 115 ist heute in fast allen Bundesländern verfügbar und stellt zukünftig auch ein Beratungsangebot für staatliche Onlinedienste bereit. Dafür werden wichtige datenschutzrechtliche Grundlagen für die Übermittlung personenbezogener Daten geschaffen.
  • Flächendeckend digitale Anträge für relevante Verwaltungsleistungen: Es werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich Bund, Länder und Kommunen in 2023 und 2024 auf die flächendeckende, medienbruchfreie Digitalisierung von 15 besonders wichtige Verwaltungsleistungen. Darunter fallen z.B. die Ummeldung, das Elterngeld, die Eheschließung, die KfZ-An- und Ummeldung, die Baugenehmigung, der Führerschein und das Wohngeld. Diese Leistungen sollen spätestens 2024 in ganz Deutschland digital beantragt werden können.

Inhalte, die für Unternehmen und andere juristische Personen relevant sind:

  • Ein Konto für alle: Die Verwendung des sogenannten Organisationskontos wird verpflichtend für alle öffentliche Stellen, die digitale Verwaltungsleistungen im Portalverbund anbieten. Damit können Unternehmen zukünftig alle Anträge über ihr zentrales Organisationskonto stellen.
  • Unternehmensleistungen werden „digital only“: Es wird gesetzlich festgehalten, dass spätestens nach Ablauf von fünf Jahren unternehmensbezogene Verwaltungsleistungen ausschließlich elektronisch angeboten werden sollen, wenn diese der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts dienen.

EXTERNER LINKOnlinezugangsgesetz – OZG

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Mit dem Paket für die digitale Verwaltung untermauert die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziele zur Modernisierung der deutschen Verwaltung, zum Abbau von Digitalisierungshemmnissen und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich.

Rückgang der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten: Forschungsbericht an das Bundesjustizministerium übergeben

Pressemitteilung des BMJ vom 24.04.2023



Die Zahlen der neu eingegangenen Verfahren erster Instanz bei Amts- und Landgerichten sind seit Jahren rückläufig. Von 2005 bis 2019 sind die Neuzugänge bei den Amtsgerichten um etwa 36 % und bei den Landgerichten um rund 21 % zurückgegangen. Seitdem setzt sich der Trend weiter fort. Zur Erforschung der Ursachen für diese Entwicklung hatte das Bundesministerium der Justiz im September 2020 ein umfangreiches Forschungsvorhaben in Auftrag geben. Das beauftragte Forschungskonsortium unter Führung der InterVal GmbH hat heute seinen Abschlussbericht an die Staatssekretärin des Bundesjustizministeriums Dr. Angelika Schlunck übergeben.

Staatssekretärin Dr. Angelika Schlunck erklärt dazu:
„Der Forschungsbericht liefert uns wertvolle Erkenntnisse zum Zustand und zur Entwicklung der Ziviljustiz in den letzten beiden Jahrzehnten. Die Ergebnisse zeigen, dass weniger vor den Zivilgerichten geklagt wird. Und der Bericht zeigt zugleich auf, dass die Justiz eine wichtige Akteurin bei der Bewältigung privatrechtlicher Konflikte bleibt. Um zu gewährleisten, dass die Justiz ihrer Funktion gerecht bleibt, muss sie mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt halten. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, die Rechtsschutz vor den Zivilgerichten suchen, müssen dort ein zeitgemäßes Angebot erhalten, um zügig und effizient zu ihrem Recht zu kommen. Der Digitalisierung kommt dabei – dies bestätigt auch der Bericht – eine Schlüsselrolle zu.“

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde die Entwicklung der Eingangszahlen statistisch näher untersucht. Um die Ursachen des Rückgangs gründlich zu beleuchten, wurden neben der Bevölkerung und Verbänden betroffener Gruppen auch Unternehmen und Unternehmensverbände sowie Anwaltschaft und Richterschaft befragt. Außerdem hat das Forschungsteam Gerichtsakten ausgewertet und ergänzende Daten bei Rechtsschutzversicherern und Schlichtungsstellen erhoben.

Der Abschlussbericht benennt als wesentliche Gründe für den zu beobachtenden Rückgang: Geschäftsaktivitäten und private Kontakte sind komplexer und schneller geworden. Damit ist das Interesse an vorbeugenden und konsensualen Konfliktlösungen (z.B. durch AGB-Gestaltung, Vorkasse, unternehmensinternes Beschwerdemanagement) gestiegen. Prozesse werden insbesondere von Privatpersonen häufig als psychisch belastend, zeitaufwendig und unwirtschaftlich wahrgenommen. Deshalb werden zunehmend die Angebote von Dienstleistern (z.B. Legal Tech-Anbieter) genutzt. Der Beratungspraxis kommt eine wichtige Filterfunktion zu. Anwälte raten häufiger als früher von einem gerichtlichen Vorgehen ab. Auch Rechtsschutzversicherungen schränken ihre Deckungszusagen ein. Der Gang zu Gericht wird so zunehmend zur ultima ratio. Einzelne justizorganisatorische Faktoren schmälern die Attraktivität des Zivilprozesses; dazu gehören etwa die im Vergleich zur Anwaltschaft oftmals geringere Spezialisierung, die schleppende Digitalisierung und der häufige Richterwechsel. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse formuliert der Abschlussbericht rechtspolitische Empfehlungen, unter anderem zur Ausstattung der Gerichte, zu effizienteren digitalen Abläufen, zur richterlichen Spezialisierung oder zu Online-Verfahren bei Kleinforderungen.

Das Bundesministerium der Justiz wird die Ergebnisse und Empfehlungen des Abschlussberichts nun prüfen und bei künftigen Initiativen berücksichtigen. Einige Vorhaben sind bereits angestoßen. So arbeitet das BMJ an der Entwicklung und Erprobung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens, das unter anderem den digitalen Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu den Zivilgerichten erleichtern soll. Zudem hat das BMJ bereits die Ressortabstimmung für den Referentenentwurf für ein Justizstandort-Stärkungsgesetz eingeleitet. Mit diesem Gesetz soll die Attraktivität der staatlichen Ziviljustiz für die Lösung international geprägter, oftmals besonders werthaltiger Streitigkeiten gestärkt werden. Zudem unterstützt der Bund die Länder im Rahmen einer Digitalisierungsinitiative in den kommenden Jahren mit bis zu 200 Millionen Euro für digitale Projekte, um damit die Digitalisierung der Justiz voranzutreiben. Mit der Durchführung des Forschungsvorhabens ist die InterVal GmbH beauftragt, die die Untersuchung zusammen mit Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich und Prof. Dr. Armin Höland (beide Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) sowie der früheren Präsidentin des Kammergerichts Monika Nöhre durchführt hat. Das Forschungsvorhaben wurde von einem beratenden Beirat fachlich begleitet. Dieser setzte sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der Rechtswissenschaft, der Landesjustizverwaltungen, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltvereins, des Deutschen Richterbundes, des Versicherungsombudsmannes, der Verbraucherzentrale Bundesverband, des Deutschen Mieterbundes, des Bundesverbands der Deutschen Industrie und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.

Den Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben finden Sie hier.

Die Geschäftsentwicklung in Zivilsachen kann auf der Internetseite des Bundesamts für Justiz abgerufen werden.
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